Die Funktionen von Magen und Darm sind jedem grundsätzlich bekannt. Woher kommen allerdings die Magenprobleme, die bei Pferden immer häufiger zu finden sind? Und welchen Weg geht die Nahrung, nachdem sie vom Pferd aufgenommen wurde? Aber vor allem: Was können wir Besitzer tun?
Text: Jessica Classen; Grafik: Xenia Fink


WIE IST DAS VERDAUUNGSSYSTEM 
EINES PFERDES AUFGEBAUT?
Das Verdauungssystem von Pferden hat sich über Jahrtausende hinweg an die Lebensbedingungen angepasst, denen ein Pferd ausgesetzt ist. So ist es dem Pferd möglich, in seinem natürlichen Lebensraum zu überleben, der meist mit einem knappen Futterangebot ausgestattet ist. Deshalb muss das Verdauungssystem in der Lage sein, auch nährstoffarmes und hartes Futter – Gras oder Wurzeln – aufnehmen zu können.
Angefangen hat alles vor 60 Millionen Jahren, als noch der Vorfahre unseres heutigen Pferdes – das Eohippus – in dichten und sumpfigen Wäldern lebte. Dort aß es meist frisches Laub von den Bäumen oder weiche Kräuter aus den Wiesen. Als die Erde sich weiterentwickelte, wurden aus den üppigen Wäldern aufgrund des Klimaumschwungs weite Steppen und das Pferd musste seinen Speiseplan umstellen. Mit dieser Veränderung änderte sich auch das Aussehen des Pferdes: Es wurde größer, das Gebiss kräftiger und aus dem ehemaligen Waldtier wurde zunächst ein Steppen-und später ein Fluchttier. Das Hauptnahrungsmittel bestand nun aus Gräsern, die viel weniger Nährstoffe enthielten als die Blätter an den Bäumen. Um diesen Mangel auszugleichen, begann das Pferd, den größten Teil des Tages mit Fressen zuzubringen, um so möglichst viel Nahrung durch den Verdauungstrakt zu bringen. Darauf ist heutzutage das gesamte Verdauungssystem des Pferdes eingestellt.

WELCHEN WEG GEHT DIE NAHRUNG BEIM PFERD?
Direkt nach der Aufnahme beginnt bereits der Weg, den das Futter durch das Verdauungssystem nimmt. Pferde sind in der Lage, bei der Aufnahme ungenießbares von genießbarem Futter zu unterscheiden und auszusortieren. Hierbei helfen ihnen die verschiedenen Sinne (siehe Artikel „Eine Frage des Geschmacks“ ab Seite 84). Durch die Speichelproduktion, die beim Kauen angeregt wird, entsteht im Pferdemaul ein Brei, der leichter verdaulich ist. Nach dem Schlucken gelangt dieser Brei in die Speiseröhre – ein Muskelschlauch, der mit Schleimhaut ausgekleidet ist. Die Speiseröhre endet am Mageneingang, an dem sich ein starker Schließmuskel befindet. Dieser spannt sich bei gefülltem Magen so stark an, dass es dem Pferd unmöglich ist, sich zu übergeben, da er einen Rücklauf der Nahrung verhindert. Deshalb führt der weitere Weg nur noch über den Magenausgang und hinein in den Dünndarm. Dieser ist in drei Abschnitte geteilt: den Zwölffingerdarm, den Leerdarm und zum Schluss den Hüftdarm. Der Dünndarm erreicht bei Pferden eine Länge von rund 24 Metern; außerdem übernimmt er die Verdauung leicht verdaulicher Nährstoffe, die durch die Darmschleimhaut in den Blutkreislauf gelangen. Dieser Darmabschnitt ist ständig in Bewegung, weil er für den Weitertransport des Inhaltes sorgt. Die durchschnittliche Passierdauer beträgt 90 Minuten, bis alles am Hüftdarm angelangt ist. Dieser presst den Nahrungsbrei portionsweise in den Blinddarm und somit in den Dickdarm. Dieser lässt sich in vier Abschnitte teilen: Blind-, großer Grimm-, kleiner Grimm-und Mastdarm. Während die ersten beiden auch Gärkammern genannt werden, weil sie die einzelnen Futterbestandteile absorbieren, entzieht der kleine Grimmdarm dem Darminhalt Wasser, wodurch ein Großteil der bisher abgegebenen Mineralstoffe wiedergewonnen wird. Dabei wird der Darminhalt eingedickt und es kommt zur Kotformung, die sich bis in den Mastdarm fortsetzt, der den Pferdeäpfeln ihre typische Form gibt.

WELCHE PROBLEME KÖNNEN BEIM PFERD AUFTRETEN, UND WAS KÖNNEN BESITZER TUN?
Eine Kolik ist das größte Problem, das beim Pferd bezüglich Magen und Darm auftreten kann. Wenn diese Befürchtung da ist, sollte unverzüglich der Tierarzt gerufen werden. Zudem sollte das Pferd vorerst nicht fressen, da eine Kolik viele Ursachen haben kann. Gerade weil das Pferd einen verhältnismäßig kleinen Magen hat und nicht erbrechen kann, ist eine Ursache die Magenüberladung. Auch können die Därme, da sie beweglich im Körper befestigt sind, schnell eingeklemmt oder verdreht werden. All dies verursacht dem Pferd Schmerzen. Auch sind Magenschleimhautentzündungen oder Geschwüre eine häufig vorkommende Erkrankung sowohl bei erwachsenen Pferden als auch bei Fohlen. Hier ist die häufigste Ursache Stress.
Pferde leiden schnell unter Stress: Eine Futterumstellung sollte beispielsweise auf rund zwei Wochen gezogen werden, eine Herdenumstellung muss langsam vonstatten gehen, aber auch sportliche Leistungen sind für Pferde psychisch anstrengend. Besonders sensible Pferde reagieren auf solche Situationen nervös. Vorbeugend sollten Pferde deshalb von Stresssituationen ferngehalten und Umstellungen langsam vorgenommen werden. Sollte dennoch der Verdacht eines Magenproblems auftauchen, ist es auch hier ratsam, einen Tierarzt zu rufen und dies genauer untersuchen zu lassen.