Text: Andreas Ackenheil, Rechtsanwalt        Foto: Adobe Stock

Der Spezialist für 
Pferderecht, Rechtsanwalt Andreas Ackenheil, gibt 
auch in dieser Ausgabe die besten rechtlichen Tipps rund ums Thema Pferd

Es ging durch alle Medien: Unbekannte haben in Buxtehude in einer Nacht- und Nebelaktion ein 100.000 Euro teuren Hengst aus seiner Pferdebox gestohlen. Die Diebe brachen nachts in den Stall ein und entwendeten den Hengst. Dabei wird vermutet, dass die Diebe es gezielt auf diesen Hengst abgesehen hatten. Bei dem gestohlenen Hengst soll es sich um einen 100.000 Euro teuren preisgekrönten Hannoveraner handeln. Die restlichen im Stall befindlichen Pferde wurden nicht entwendet. Zwischenzeitlich konnte der Hengst nach Polizeiangaben in einem Stall Kilometer entfernt sichergestellt werden. Dabei stellt sich die Frage, welchen Beweggrund Diebe bei einem solchen Unterfangen haben. Kann ein gestohlenes Pferd verkauft o. Ä. werden?

Kann ein gestohlenes Pferd 
wirksam verkauft werden?


Zunächst wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Verkauf von gestohlenen Sachen, darunter fallen entsprechend § 90a BGB auch Tiere, ebenso wie der Diebstahl selbst strafbare Handlungen nach dem Strafgesetzbuch darstellen: Wer ein Pferd stiehlt, macht sich wegen Diebstahls gemäß § 242 StGB strafbar. Nach § 242 StGB macht sich wegen Diebstahls strafbar, (1) wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, und wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. Auf Tiere werden gemäß § 90a BGB die Regelungen der Sachen angewandt, so ist auch das Pferd rechtlich eine bewegliche Sache. Wird das Pferd bei dem Diebstahl grob behandelt und zieht es sich dadurch Verletzungen zu, kommen weitere Straftatbestände hinzu. In § 17 Tierschutzgesetz findet sich die einzige Strafvorschrift des Tierschutzgesetzes, mit der tierschutzwidriges Verhalten geahndet werden soll. Strafbar ist allerdings nur die vorsätzlich begangene Tierquälerei. Ein Versuch oder eine fahrlässige Tat sind nicht vom Straftatbestand des § 17 TierSchG erfasst. Tierquälerei wird mit Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft.

Viele Pferdediebe stehlen die Pferde, um sie danach weiterzuverkaufen. Dann kommt der Straftatbestand der Hehlerei gemäß § 259 StGB hinzu. Wegen Hehlerei macht sich strafbar, „wer eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu bereichern.“ Es droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe.

Ein gestohlenes Pferd gekauft?


Nun, angenommen, man hat sein Traumpferd über das Internet gefunden, man konnte dieses für einen Schnäppchenpreis erwerben, und im Nachhinein stellt sich heraus, dieses Pferd wurde vorher gestohlen. Als Käufer wusste man nichts davon, dann darf man doch das Pferd behalten, weil man einen Kaufpreis dafür gezahlt, oder etwa nicht? Rechtlich gesehen handelt es sich hierbei um den „Kauf einer abhanden gekommenen Sache“. Es stellt sich hierbei die Frage: Kann man an einem gestohlenen Pferd rechtlich durch Kauf Eigentum erwerben?

Beim Verkauf eines Pferdes verpflichtet sich der Verkäufer gemäß den kaufrechtlichen Regelungen, das Pferd ohne Sach- oder Rechtsmängel dem Käufer zu übereignen. Der Käufer verpflichtet sich indes zur Kaufpreiszahlung und Abnahme des Pferdes. Da der ursprüngliche Eigentümer des Pferdes nun aufgrund der Tatsache, dass ihm das Pferd gestohlen wurde, ein Recht zur Herausgabe des Pferdes hat, kann der Verkäufer das Pferd nicht frei von Rechten Dritter an den Käufer übereignen. Schlussendlich ist dann der Käufer eines solchen Pferdes der „Betrogene“, da er trotz Kaufpreiszahlung nie Eigentum an dem Pferd erlangen kann. Kann der Diebstahl aufgeklärt und das Pferd wiedergefunden werden, so kann der ursprüngliche Eigentümer die Herausgabe seines Pferdes vom Käufer verlangen und dies natürlich ohne Erstattung des gezahlten Kaufpreises.

Verkauf des Pferdes ohne Equidenpass


Allerdings stellt sich auch die Frage, weshalb ein so teures Pferd zum Verkauf gestohlen werden sollte. Abgesehen von der Unmöglichkeit des Eigentumserwerbs an einem gestohlenen Pferd, fehlen diesem Pferd auch alle notwendigen Pferdepapiere. Seit dem Jahre 2009 benötigt jedes Pferd in Europa verpflichtend einen Equidenpass, um dieses identifizieren zu können. Bei dem Equidenpass handelt es sich bekanntlich um ein sogenanntes Begleitdokument. Dies bedeutet, dass es mit dem Pferd „verbunden“ ist. In diesem Dokument wird auch regelmäßig der Besitzwechsel dokumentiert. Nach der europäischen Verordnung benötigt jedes Pferd einen gültigen Pass. Wer nun Pferde ohne Pferdepässe hält, verstößt gegen geltendes Recht und wird bei Kontrollen entsprechend sanktioniert. Neben der Identifikation der Pferde, Ponys und Esel dient er auch zur Dokumentation über vorgenommene Impfungen und über die Vorgeschichte des Pferdes. Grundsätzlich raten wir dazu, bei einem Pferdeverkauf ohne Equidenpass äußerst vorsichtig zu sein. Es gibt nur wenige Fälle, in denen ein Pferd mit einem legitimen Grund ohne Equidenpass verkauft wird. Da der Pferdepass auch für Pferde ohne Abstammungsnachweis problemlos beantragt werden kann, sollte man misstrauisch werden, wenn das Pferd ohne Papiere angeboten wird.

Wertvolles Pferd ohne Papiere wertlos


In der Regel werden bei einem Pferdediebstahl nicht auch der Equidenpass und alle weiteren Unterlagen zum Pferd mit gestohlen. Die Pferdepapiere, die Belege der Abstammung eines Pferdes, sind jedoch ein wichtiger Faktor bei der Wertbestimmung eines Pferdes. Ein Pferd ohne Papiere, ohne alle wichtige Wertnachweise wie Abstammungsnachweise, Ausbildungsnachweise, Preise und Turniererfolge – somit ohne eine Historie – bedeutet, dass ein Verkauf kann nur schwer und mithin weit unter seinem eigentlichen Wert verkauft werden. Als Käufer sollte man daher vor solchen Schnäppchen besser die Finger lassen. Ein Verkauf des Pferdes ins Ausland scheidet ebenfalls aus, da für den Transport über die Grenze neben dem bereits fehlenden Equidenpass auch weitere Transportpapiere benötigt werden. Auch scheidet die Option, einen neuen Equidenpass zu beantragen, aus. Würde ein neuer Equidenpass beantragt werden, müsste die Identität des Pferdes eindeutig nachgewiesen werden. Auch werden Pferde bei der erstmaligen Ausstellung des Equidenpasses mit einem Mikrochip versehen, dieser könnte ebenfalls zur Identifizierung des Pferdes führen.

Einsatz eines gestohlenen Pferdes zur Zucht



Bei dem gestohlenen Pferd handelte es sich im Falle von Buxtehude um einen gekörten Hengst. Angesichts seiner Physionomie und seiner guten Gene wäre der Hengst als guter Vererber sicherlich für jede Zucht ein Gewinn. Noch mehr als bei dem Verkauf benötigt ein Pferd in der Zucht jedoch eine fast lückenlose Historie. Um in der Pferdezucht eine gewissenhafte Zuchttierauswahl treffen zu können, müssen alle Papiere des Pferdes vorliegen. So werden, wie auch für den Verkauf, zur Zucht entsprechende Papiere benötigt. Neben dem Equidenpass ist auch das dort integrierte sogenannte „Rassepapier“, oder eine Zuchtbescheinigung notwendig. Ohne diese Papiere kann der Hengst nicht zur Zucht angemeldet werden. Folglich ist der Einsatz eines gestohlenen Pferdes zur Zucht ebenfalls nur schwer denkbar.

Antreten mit einem gestohlenen Pferd bei einem Turnier oder Ausstellung


Auch wird das Antreten auf Turnieren oder das Ausstellen eines gestohlenen Pferdes kaum möglich sein. Abgesehen davon, dass das Präsentieren eines gestohlenen Pferdes in der Öffentlichkeit grob fahrlässig aus der Perspektive eines Diebes wäre, sind die Anforderungen an die Zulassung zu einem Turnier oder einer Ausstellung ebenso streng wie die Anforderungen an die Zuchtzulassung. Es müssen neben dem Equidenpass erneut diverse Nachweise über die Herkunft des Pferdes und dessen Werdegang erbracht werden, welche von den Dieben schlicht nicht erbracht werden können. Nichtsdestotrotz kommt es häufiger vor, als man denken sollte, dass auf Fotos in den sozialen Medien gesuchte Pferde wiedererkannt werden.

Halten eines gestohlenen Pferdes


 

Nicht nur, dass man mit einem gestohlenen Pferd immer Gefahr läuft, dass dieses erkannt wird, ergeben sich auch noch weitere Probleme in der Pferdehaltung. Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei dem Equidenpass um ein Begleitdokument, und er ist immer mit dem Pferd mitzuführen. Es ist so bei dem Pferd zu verwahren, dass es im Falle einer Kontrolle vorgezeigt werden kann. Entsprechend verbleiben die Equidenpässe in der Regel bei dem Stallbetreiber des Stalles, in welchem das Pferd eingestellt ist. Folglich wird das Unterbringen des Pferdes bereits kaum möglich sein, da der Stallbetreiber stets einen Equidenpass verlangen wird. Der Equidenpass muss aber auch bei jedem Transport mitgeführt werden. Sollte das Tier einmal krank werden und in eine Tierklinik gebracht werden müssen, wird auch hier erneut das Mitführen des Equidenpasses vorausgesetzt. Dieser ist der Tierklinik zu übergeben, solange sich das Pferd dort in Behandlung befindet. Auch hier würde man Gefahr laufen, dass der Diebstahl aufgedeckt werden könnte. Neben dem Umstand, dass man im Falle einer Kontrolle die Identität des Pferdes nicht nachweisen könnte und entsprechende Sanktionen erfahren würde, besteht auch immer die Gefahr, dass der Mikrochip des Pferdes ausgelesen wird. Vor allem, wenn das Pferd ohne einen Identitätsnachweis in ein Tierklinikum gebracht wird.

Fazit: Pferdediebstahl lohnt nicht


Neben der Tatsache, dass ausdrücklich davon abgeraten wird, sich strafbar zu machen, „lohnt“ sich der Diebstahl eines Pferdes nicht. Unabhängig von dem realen Wert eines Pferdes ist es gestohlen praktisch wertlos. Anders als bei Gegenständen wird die Herkunft und Identität des Pferdes genau dokumentiert. So ist es nahezu unmöglich, ein gestohlenes Pferd zu halten. Weder kann das Pferd in einem ordentlichen Stall untergebracht werden, noch kann es transportiert oder tiermedizinisch versorgt werden. Das Halten eines gestohlenen Pferdes birgt also konstant die Gefahr, dass der Diebstahl aufgedeckt wird. Auch das Verbringen des Pferdes ins Ausland ist mangels Transportpapieren nicht ohne weiteres möglich. Aufgrund des Risikos, dass der Diebstahl aufgedeckt wird, kann das Pferd auch zu keinen gewinnbringenden Zwecken eingesetzt werden.

Ihr Anwalt für Pferderecht

Rechtsanwalt Ackenheil

Unser Experte: Andreas Ackenheil veröffentlicht als Spezialist für Pferde- recht regelmäßig in zahlreichen Fachzeitschriften und Onlineportalen juristische Fachbeiträge sowie Kommentare zu neuen Rechtsentscheidungen und hält Vorträge und Seminare. Zudem veröffentlichte der Rechtsanwalt einen großen Ratgeber für Tierrecht mit einem umfangreichen Kapitel über Pferderecht.

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