Text: Andreas Ackenheil, Rechtsanwalt           Foto: Shutterstock/ Laura Hedien

Der Spezialist für Pferderecht, Rechtsanwalt Andreas Ackenheil, gibt auch in 
dieser Ausgabe die besten rechtlichen Tipps rund 
ums Thema Pferd

Viele Pferdeställe liegen außerhalb der Stadt an Wäldern und Wiesen, eingefasst von großen Bäumen, die im Sommer für Schatten auf den Weiden und Reitplätze sorgen. Doch die großen und starken Bäume können bei manchen Stürmen wie Streichhölzer zusammenknicken und Häuser, Stallungen, Autos und Tiere unter sich begraben. Schwere Unwetter können für große Schäden sorgen, wenn Pferde unter den Ästen eingeklemmt werden, Stallungen einstürzen oder Pferde aufgrund eines Unwetters in Panik weglaufen, weil die Zäune nicht mehr halten oder sie einfach drüberspringen.

Bei Sturm können Pferde die Gefahr nicht eindeutig lokalisieren, da sich die Windgeräusche mit anderen Geräuschen vermischen und immer lauter werden. Je lauter die Geräusche sind, desto panischer werden die Pferde. Panische Pferde reagieren oftmals unerwartet heftig und lassen sich nicht aufhalten. So kann es vorkommen, dass sie über Zäune springen, weglaufen und im Straßenverkehr Unfälle verursachen. Es kann aber auch passieren, dass sich das Pferd in einem Gewitter nicht befreien kann und durch herabfallende Gebäudeteile verletzt wird. Es stellt sich die Frage, wer für derartige Unfälle und Schäden an Dritten und dem Pferd haftet, die der Sturm mit sich bringt.

Warum haben Pferde bei Unwetter Angst oder reagieren panisch?


Pferde haben ein besseres Gehör als Menschen und reagieren daher sensibler auf sämtliche Geräusche in ihrer Umgebung.
Da Pferde von Natur aus Fluchttiere sind und in freier Wildbahn immer vor Wildtieren auf der Hut sein mussten, haben auch heutige Hauspferde immer noch einen ausgeprägten Fluchtinstinkt bei ungewohnten Geräuschen und Situationen.

Wind und Sturm stellen eine ungewohnte Geräuschkulisse dar, insbesondere, wenn der Stalltrakt oder sonstiges Inventar klappert, quietscht oder umherfliegt.

Wann handelt es sich um einen Sturm? 


Die Sturmstärke wird über die Beaufort-Skala ermittelt. So liegt ein Sturm bei einer Stufe von acht vor. Ein leichter Wind erreicht lediglich eine Stufe von maximal zwei.

Wer haftet, wenn das Pferd bei Sturm ausbricht und einen Verkehrsunfall verursacht?

Wenn das Pferd bei einem Unwetter in Panik gerät und wegläuft, kann es zu schweren Unfällen kommen, wenn das Pferd mit einem Auto kollidiert oder ein Fahrzeug beschädigt. Doch wer haftet für die Schäden, die das Pferd oder der Autofahrer erleidet, wenn das Pferd infolge des Sturms entläuft?

Grundsätzlich greift für sämtliche Unfälle mit einem Pferd die Tierhalterhaftung nach § 833 S.1 BGB. Sinn und Zweck der Tierhalterhaftung ist es, dass der Halter eines Pferdes für schädigendes Verhalten seines Pferdes einsteht, unabhängig davon, ob er für den Schaden auch wirklich verantwortlich ist. Bei der Tierhalterhaftung handelt es sich um eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung. Der Halter eines Tieres haftet demnach für die tierspezifische Gefahr, die jedem Tier innewohnt. Bei Unfällen im Straßenverkehr liegt eine Besonderheit vor. Auch der Halter eines Kraftfahrzeuges muss für die Grundgefahr seines Fahrzeuges einstehen. Diese Grundgefahr nennt sich Betriebsgefahr und ist in § 7 StVG geregelt.
Kommt es zwischen Pferd und Kraftfahrzeug zu einem Unfall, treffen die zwei Gefahrenquellen aufeinander. Grundsätzlich trifft die Haftung beide Parteien, da sowohl der Fahrzeughalter ein gefährliches Kraftfahrzeug im Straßenverkehr betreibt als auch das Pferd eine gewisse Gefährlichkeit mit sich bringt, da es sich unberechenbar verhalten kann. Wie hoch die Haftungsquote für die jeweilige Partei ausfällt, muss anhand des Einzelfalles ermittelt werden. Rennt das Pferd in Panik auf die Straße oder stürmt es plötzlich aus dem Wald, handelt es sich um ein unerwartetes Ereignis, bei dem der Fahrzeugführer nicht hätte anders reagieren können. Die Haftung liegt somit regelmäßig allein beim Pferdehalter. Da bei derartigen Unfällen hohe Kosten auf den Pferdehalter zukommen können, sollte man als Pferdehalter eine Tierhalterhaftpflichtversicherung abschließen, die vor den finanziellen Folgen bei Personen-, Sach-, und Vermögensschäden schützt.

An wen wende ich mich, wenn mein Eigentum Schäden nach einem Sturm davongetragen hat?


In der Regel sollten diese Schäden der Versicherung gemeldet werden. Die Versicherung wird regelmäßig prüfen lassen, ob tatsächlich ein Sturm vorlag. Ihre Versicherung erhält die Auskunft über die Windstärke beim Deutschen Wetterdienst. Regelmäßig kann von einem Sturmschaden aber immer dann ausgegangen werden, wenn das Stallgebäude vor dem Unwetter intakt war und die Schäden nachweislich erst nach dem Sturm aufgetreten sind. Ein Gutachter kann im Zweifelsfall feststellen, worauf die Schäden zurückzuführen sind.

Grundsätzlich haftet der Stallbetreiber für Schäden, die dem Pensionspferd in seiner Obhut entstehen (gemäß § 823 BGB). Danach haftet er persönlich, sofern der Schaden fahrlässig verursacht wurde. Jedoch wird die Versicherung des Stallbetreibers übernehmen, sofern ihm keine Sorgfaltspflichtverletzung vorgeworfen werden kann und der Schaden allein auf das Unwetter zurückzuführen ist und auch bei höchster Sorgfalt des Stallbetreibers eingetreten wäre. Schadensersatzansprüche an Pensionspferden werden über die Betriebshaftpflichtversicherung des Stallbetreibers abgewickelt. Hatte der Stall jedoch erhebliche Sicherheitsmängel und wäre das Ausmaß nach dem Sturm vermeidbar gewesen, so kann auch der Stallbetreiber persönlich in die Haftung genommen werden. Das ist beispielswese der Fall, wenn Holzbalken bereits marode waren und schon bei niedrigen Windstärken einzustürzen drohten. 
Wurde ein Pferd durch herabfallende Äste oder den Einsturz des Gebäudes, in dem es stand, verletzt oder sogar getötet, ersetzt eine Tierlebensversicherung auch den Wertverlust des Pferdes.

Wie kann sich der Pensionsbetreiber absichern? 


Das Schadensausmaß nach einem Unwetter kann für einen Pferdebetrieb verheerend sein und den Stallbetreiber in finanzielle Schwierigkeiten bringen. Aus diesem Grund benötigen Pferdebetriebe einen umfassenden Versicherungsschutz.

Eine Betriebshaftpflichtversicherung ist für den Pensionsstallbetreiber unerlässlich.

Sie schützt den Versicherungsnehmer und die mitversicherten Betriebsangehörigen vor dem Risiko unberechtigter Haftungsansprüche von Dritten.

Regelmäßig umfasst die Betriebshaftpflichtversicherung die Mitarbeiter, alle eigenen und gepachteten Flächen, die Stallgebäude und bewirtschafteten Flächen sowie die Stallmaschinen und sogar die Schulpferde.
Zusätzlich benötigt der Stallbetreiber eine Feuer- und Sturmversicherung, sofern diese nicht bereits in der Betriebshaftpflichtversicherung eingeschlossen ist.

Kann die Versicherung die Zahlung verweigern? 


Grundsätzlich darf die Versicherung keine Klauseln in ihrem Versicherungsvertrag vereinbaren, die den Versicherungsnehmer unangemessen benachteiligen. In einer Gebäudeversicherung oder in einer Hausratversicherung sind Sturmschäden immer gedeckt. Die Gebäudeversicherung deckt grundsätzlich Schäden am Gebäude selbst, und die Hausratversicherung umfasst das Inventar des Hauses.

Dennoch kommt es immer auf die Umstände des Einzelfalles an, ob die Versicherung letztlich für den gesamten Schaden auf der Reitanlage aufkommt.

Wie vermeide ich Unfälle bei einem Gewitter?

Bahnt sich ein Gewitter an, sollte man möglichst alle Pferde in den Stall bringen und sie nicht auf der Weide lassen. Sind Pferde besonders schreckhaft, sollte man es vermeiden, bei Gewitter zu reiten.

Ausritte ins Gelände sind bei Unwetter sehr gefährlich und sollten vermieden werden, da eine erhöhte Gefahr besteht, auf ebenen, freien Flächen von einem Blitz getroffen zu werden. Dichte Bäume am Stallgebäude können ebenfalls eine große Gefahr darstellen, wenn sie umfallen, das Gebäude beschädigen oder infolge eines Blitzeinschlags in Brand geraten.
Das Stallgebäude sollte bei Unwettern sturmdicht gemacht werden, damit keine Teile umherfliegen können, Türen nicht knallen und klappern und es im Inneren des Stalles möglichst windstill ist. Bei Unwettern sollte sich das Stallpersonal am besten im Stall aufhalten, damit es im Notfall die Pferde beruhigen kann.

Zudem sollten alle Pferde ein gut anliegendes Halfter tragen, damit sie im Ernstfall schnell und problemlos aus dem Stall geführt werden können.

Tipp vom Pferderecht-Anwalt Ackenheil


Es empfiehlt sich, von Zeit zu Zeit seinen Versicherungsschutz zu überprüfen und gegebenenfalls auf den aktuellen Stand zu bringen. Tritt ein Schaden ein, empfiehlt es sich, genauestens den Unfallhergang zu dokumentieren und Beweise zu sammeln.

Sollten bei einem Schadensfall Probleme bei der Regulierung auftreten oder Fragen zur Mithaftung oder Sorgfaltspflichtverletzung zu klären sein, empfiehlt es sich darüber hinaus, frühzeitig anwaltlichen Rat einzuholen. Als spezialisierte Kanzlei für alle Rechtsfragen rund um Pferd und Reiter informieren, beraten und vertreten mein Team und ich seit über 20 Jahren Mandanten bundesweit im Pferderecht. Nehmen Sie unverbindlich Kontakt zu uns auf.

Ihr Spezialist für Pferderecht

Rechtsanwalt Andreas Ackenheil

Unser Experte: Andreas Ackenheil veröffentlicht als Spezialist für Pferde- recht regelmäßig in zahlreichen Fachzeitschriften und Onlineportalen juristische Fachbeiträge sowie Kommentare zu neuen Rechtsentscheidungen und hält Vorträge und Seminare. Zudem veröffentlichte der Rechtsanwalt einen großen Ratgeber für Tierrecht mit einem umfangreichen Kapitel über Pferderecht.

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