Text: Andreas Ackenheil, Rechtsanwalt       Foto: hedgehog94 – stock.adobe.com

Der langersehnte Traum vom eigenen Pferd ist zum Greifen nah, nach langer ­Suche hat man sein Traumpferd gefunden. Dann steht das gekaufte Pferd im heimischen Stall. Der Traum scheint sich erfüllt zu haben…

Dem gemeinsamen Glück von Pferd und Reiter scheint kurz nach dem Kauf des Tieres nichts im Weg zu stehen. Jedoch werden leider viele Pferdebesitzer schnell auf den harten Boden der Realität zurückgeworfen, wenn das neu gekaufte Pferd z. B. zu lahmen beginnt und die folgenden tierärztlichen Untersuchungen ergeben, dass der Vierbeiner auch schon beim Verkäufer erkrankt war. Schnell häufen sich Tierarzt- und Behandlungskosten in hoher vierstelliger Höhe an. Was kann man tun?

Welche Pflichten ergeben sich aus dem Kaufvertrag?

Die Pflichten des Pferdeverkäufers:  Gem. § 433 Abs. 1 S. 1 BGB hat der Verkäufer dem Käufer die Sache (das zu verkaufende Pferd) zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Nach Satz 2 hat der Verkäufer dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen. Ein Sachmangel kann unter anderem eine Erkrankung des Pferdes sein.

Die Pflichten des Käufers: Der Käufer ist verpflichtet, den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und das gekaufte Pferd ­abzunehmen.

Rücktritt vom Kaufvertrag? Mindern des Kaufpreises? Was tun?

Als Käufer eines erkrankten Pferdes hat man die Möglichkeit, vom Kaufvertrag zurückzutreten. Der Käufer, der vom Kaufvertrag eines Pferdes zurücktritt, bekommt den Kaufpreis und die Kosten, die mit dem gekauften Pferd entstanden sind, vom Verkäufer zurückerstattet. Dies bedeutet jedoch auch, dass der Käufer das oftmals schon lieb gewonnene Pferd an den Verkäufer zurückgeben muss. Der Schritt eines Rücktritts muss daher wohlüberlegt sein, weil er nicht problemlos rückgängig gemacht werden kann. Haben Sie eine emotionale Bindung zu dem Pferd und möchten Sie es eigentlich nicht hergeben, haben aber eindeutig zu viel Geld bezahlt, weil sich herausgestellt hat, dass es unter einem Sachmangel leidet, ist die Minderung eine gute Möglichkeit für Sie, etwas „Gerechtigkeit“ zu erfahren.Wenn ein Rücktritt für den Käufer nicht infrage kommt, kann er, um wenigstens einen finanziellen Ausgleich zu erhalten, vom Verkäufer auch eine Minderung des Kaufpreises verlangen. Grundsätzlich muss man, bevor man einen Rücktritt oder die Minderung des Kaufpreises gegenüber dem Verkäufer erklärt, diesem eine Frist zur Nachbesserung (Nacherfüllung) setzen. Nachbesserung bedeutet in der Praxis: Der Verkäufer erhält die Möglichkeit, sich ein Bild von dem Mangel zu machen und diesen gegebenenfalls selbst zu beheben. Der Verkäufer könnte z. B. einen ihm bekannten Tierarzt mit der Operation des Pferdes etc. beauftragen. Erst wenn die Nacherfüllung des Verkäufers fehlgeschlagen ist, er sich einer Nachbesserung verweigert oder sämtliche Ansprüche ablehnt, darf der Käufer den Rücktritt oder, wenn er das Pferd nicht zurückgeben will, die Minderung des Kaufpreises verlangen.Es versteht sich zudem von selbst, dass bei einer Notfallbehandlung eines Pferdes der Käufer dem Verkäufer nicht erst eine Frist zur Nacherfüllung (zum Beispiel in Form einer Operation) stellen muss, damit er nicht Gefahr läuft, auf den Kosten der veterinärmedizinischen Behandlung ­sitzen zu bleiben. In Fällen, bei denen es sich nachweislich um eine Notfallbehandlung gehandelt hat, ist somit auch eine Friststellung des Käufers an den Verkäufer entbehrlich. Trotzalledem sollten Sie auch in diesen Fällen den Verkäufer frühzeitig über die Maßnahmen informieren. Der BGH hat indes auch entschieden, dass der Käufer im Regelfall berechtigt ist, den Kaufpreis sofort – ohne vorherige Fristsetzung zur Nacherfüllung – zu mindern, wenn der Verkäufer ihm einen Mangel bei Abschluss des Kaufvertrags arglistig verschwiegen hat. In einem solchen Fall ist die für die Beseitigung eines Mangels erforderliche Vertrauensgrundlage in der Regel auch dann beschädigt, wenn die Mangelbeseitigung durch einen vom Verkäufer zu beauftragenden Dritten vorzunehmen ist (Recht des Käufers zur sofortigen Minderung des Kaufpreises, VIII ZR 210/06).

Eine Kaufpreisminderung beim Pferdekauf

Statt eines Rücktritts vom Kaufvertrag kann der Käufer eines Pferdes, bei dem sich ein erheblicher Sachmangel (Erkrankung des Pferdes) herausstellt, auch den Kaufpreis durch eine Erklärung gegenüber dem Verkäufer mindern (§ 441 BGB).Der Vorteil der Kaufpreisminderung gegenüber einem Rücktritt vom Kaufvertrag ist für den Käufer einfach zu sehen: Er kann das ihm in der Zwischenzeit lieb gewonnene Pferd behalten, der Kaufpreis, der aufgrund des Mangels jedoch zu hoch ist, wird dafür gemindert.

Welche Voraussetzungen hat die Kaufpreisminderung?

Der Gesetzgeber hat mit der Formulierung in § 441 BGB eindeutig erklärt, dass die gleichen Voraussetzungen wie bei einem Rücktritt vorliegen müssen. § 441 BGB: „Statt zurückzutreten, kann der Käufer den Kaufpreis durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer mindern. Der Ausschlussgrund des § 323 V 2 BGB findet keine Anwendung.“ So muss also bei der Minderung zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs ein Sachmangel des Pferdes vorliegen, bei einem behebbaren Mangel muss die Möglichkeit der Nacherfüllung ausgeschöpft sein und die Minderung muss gegenüber dem Verkäufer erklärt werden. Zudem ergibt sich aus dem Gesetz auch, dass es sich bei den zwei Gewährleistungsrechten Minderung und Rücktritt um zwei sich gegenseitig ausschließende Rechte handelt.Der Käufer kann entweder zurücktreten oder mindern. Interessant ist auch, dass die Schwelle der Erheblichkeit des Mangels, welche beim Rücktritt gilt, bei der Minderung nicht erforderlich ist. Auch „unerhebliche“ Mängel können also zu einer Minderung des Kaufpreises des Pferdes führen.

Wie wird die Minderung des Kaufpreises eines Pferdes berechnet? Wie viel kann man von dem ­Verkäufer zurückverlangen?

Zur Berechnung der Minderung kann § 441 III BGB herangezogen werden. „Bei der Minderung ist der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln.“In Minderungsstreitigkeiten werden Sach­verständige von Richtern herangezogen, um die genauen Werte des Pferdes mit und ohne Mangel zu berechnen. Zwar gibt es die verschiedensten Rechenformeln zur Ermittlung des Wertes eines Pferdes, es kommt jedoch immer auf den Einzelfall an, wie schwer die einzelnen Faktoren der Wertbestimmung zu Gewicht fallen.

Kaufpreisminderung & Schadenersatz

Zusätzlich kann, je nach Sachverhalt, zu der Minderung des Kaufpreises der Käufer auch Schadenersatz vom Verkäufer des Pferdes verlangen. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn der Verkäufer nachweislich vorsätzlich oder fahrlässig, gleichbedeutend: schuldhaft, gehandelt hat. Schuldhaftes Handeln wird oftmals angenommen, wenn der Verkäufer einen Mangel (Erkrankungen des Pferdes) arglistig verschwiegen hat. Der Verkäufer haftet zudem auch, wenn er den Mangel nur fahrlässig verkannt hat, d. h. ein leichtes Lahmen oder auch Husten ignoriert hat und eine nähere tierärztliche Untersuchung ausblieb. Zwar gestattet das Gesetz einem Käufer grundsätzlich, bei Mängeln der Kaufsache neben der Minderung des Kaufpreises zusätzlich den Ersatz ihm entstandener Schäden geltend zu machen. Dies gilt insoweit, als der Käufer zusätzlich zu dem mangelbedingten Minderwert der Sache Schäden erlitten hat (etwa entgangenen Gewinn). Damit wird dem Käufer jedoch nicht die Möglichkeit eröffnet, nach einer Minderung des Kaufpreises wegen desselben Mangels anstelle dieses Gestaltungsrechts oder neben diesem einen auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gerichteten Schadenersatzanspruch statt der ganzen Leistung (sog. großer Schadenersatz) nach §§ 437 Nr. 3, 281 Satz 1 Satz 3 Abs. 5 BGB zu verlangen. Denn mit der wirksamen Ausübung der Minderung hat ein Käufer zugleich das ihm vom Gesetz eingeräumte Wahlrecht zwischen Festhalten am und ­Lösen vom Kaufvertrag „verbraucht“, so entschied jüngst das Landesgericht in Münster in einer kaufrechtlichen Streitigkeit.

Tipp von Anwalt Ackenheil

Wenn Sie das gekaufte Pferd, obwohl es lahmt, nicht reitbar oder sonst nicht wie eigentlich gewollt ist, nicht zurückgeben möchten, sollten Sie immer eine Minderung des Kaufpreises und einen Ausgleich des Schadens in Betracht ziehen. Damit Sie bei der Durchsetzung Ihrer Rechte nicht an „Formalitäten“ scheitern, empfehlen wir Ihnen rechtzeitig den Gang zu einem auf Pferderecht spezialisierten und erfahrenen Rechtsanwalt.

 

UNSER EXPERTE: Andreas Ackenheil ­veröf­fentlicht als Spezialist für ­Pferderecht regelmäßig in zahlreichen Fachzeitschriften und Online-Portalen juristische Fachbeiträge sowie Kommentare zu neuen Rechtsentscheidungen und hält Vorträge und Seminare. Zudem veröffentlichte der Rechtsanwalt einen großen Ratgeber für Tierrecht mit einem ­umfangreichen Kapitel über Pferderecht. www.tierrecht-anwalt.de