Text: Inga Dora Schwarzer              Foto: www.Slawik.com

Pferde leben in einer Menschenwelt. Damit sie bei uns stressfrei leben können, sollte der Reiter seinem vierbeinigen Partner möglichst viele Dinge beibringen. Die Pferdewissenschaftlerin und Verhaltensexpertin Dr. Vivian Gabor gibt Tipps, wie das Lernen gelingen kann

Tipp 1: Ruhige Lernumgebung schaffen

Damit Pferde überhaupt effektiv lernen können, bedarf es zunächst eines Umfeldes, das möglichst wenig Stress auslöst. „Es ist ratsam, neue Aufgaben, die wir unserem Pferd stellen, in einer Umgebung auszuführen, in der es sich wohlfühlt – einem sogenannten Komfortbereich. Dies kann die bekannte Reithalle oder der Round-Pen sein“, schreibt Dr. Vivian Gabor in ihrem Buch „Mein Pferd kann’s – Lerntraining für Pferde“.

Erst wenn neue Lektionen oder Übungen stabil erlernt worden sind, sollten sie in eine etwas schwierigere Situation übertragen werden. Wird der Schwierigkeitsgrad durch die Umgebung erhöht, verfestigt sich wiederum der Lerninhalt. „Stabile Lerninhalte können dem Pferd sogar Sicherheit geben, wenn sie in einer Situation abgerufen werden, in der das Pferd zunächst unsicher ist. Hier sollten wir aber nicht den zweiten Schritt vor dem ersten machen, sondern auf Lerninhalte zurückgreifen, die das Pferd schon gut beherrscht“, erklärt die Verhaltensexpertin.

Tipp 2: An neuen Aufgaben wachsen

Lernen bedeutet, sich absichtlich oder beiläufig Fertigkeiten anzueignen. Ein Lernzuwachs kann sich dabei laut Wikipedia auf intellektuellem, körperlichem, charakterlichem oder sozialem Gebiet ereignen. Die Fähigkeit zu lernen ist außerdem eine Grundvoraussetzung dafür, sich an veränderte Umgebungen und neue Aufgaben anzupassen.

Genau das ist in der natürlichen Umgebung von Pferden normal. „Die Gruppe als Sozialgefüge verändert sich, indem Artgenossen zur Gruppe hinzukommen, die Gruppe verlassen oder sterben. Je nach Rangposition haben auch Pferde verschiedene Aufgaben. Diese können sich aber ebenso im Laufe des Lebens verändern, wenn Pferde erfahrener und stärker werden und sich dadurch auch der soziale Status in der Gruppe wandelt“, sagt die Pferdewissenschaftlerin.

Eine Lösung finden

Solche Veränderungen im Herdengefüge bringen oft stressauslösende Situationen mit sich. Aber auch das ist nicht ungewöhnlich für die Tiere. „Wenn das Pferd geschafft hat, dafür eine Lösung zu finden, ist es bei einer ähnlichen wiederkehrenden Situation besser vorbereitet und hat schneller eine Lösung parat. Dieses Lernen führt dazu, dass die eigenen Möglichkeiten, mit seiner Umwelt umzugehen, beständig weiter wachsen und die zuvor Stress auslösenden Faktoren diesen Stress gar nicht mehr hervorrufen. Das Pferd lernt, durch diese immer wiederkehrende Selbstwirksamkeit Aufgaben, Situationen und Stressfaktoren immer besser zu bewältigen“, weiß Gabor.

Das heißt: Pferde fühlen sich wohl mit vielen Reizen, aber nur dann, wenn sie mit ihnen umgehen und an ihnen ihr eigenes Verhalten weiterentwickeln können. Aus diesem Grund sei es so wichtig, ihnen eine reizvolle, abwechslungsreiche und zugleich bewältigbare Umwelt mit vielen lösbaren Aufgaben zu bieten, empfiehlt die Ausbilderin. „Wir sollten es aber nicht übertreiben, denn eine gewisse Routine und wiederkehrende Muster geben auch Sicherheit“, warnt Gabor

Weitere Tipps von Dr. Vivian Gabor finden Sie in der neuen Mein Pferd- Ausgabe.