Text: Nora Dickmann             Foto: imago images/ Jacques Toffi

Ingrid Klimkes „Braxxi“ zählte zu den kleinsten, aber erfolgreichsten Pferden der Vielseitigkeit. Er wird nicht nur wegen seiner Angst vor bunten Stangen in Erinnerung bleiben

Dass Friedrich Butt ein Faible für Vollblüter hat, ist allgemein bekannt. 1997 gelang ihm mit der Anpaarung von Heraldik xx und der Kronenkranich xx-Tochter Kira-Annabell dann das Super-Match: Butts Abraxxas, ein Hannoveraner mit 99 Prozent Vollblutanteil, wurde geboren. Albert Habermann steigt später in den Sattel des vierjährigen Rappen und bringt den kleinen Wallach (er hatte ein Stockmaß von nur 1,60 Metern) in den Sport. In den zwei darauffolgenden Jahren sind beide Finalisten beim Bundeschampionat. 2005 zog der kleine, unscheinbare dunkle Wallach als Nachfolger ihres Spitzenpferdes Sleep Late nach Münster in den Stall von Ingrid Klimke. Kurz war die Olympiasiegerin skeptisch: „Das Pony?!“ – Braxxi konnte sie von sich überzeugen. Auf ihrer Website schreibt sie: „Aus Dressuraugen bin ich nicht gerade vor Begeisterung in die Luft gesprungen. Die ersten Geländesprünge ließen schon erahnen, dass du schnell und sicher unterwegs sein würdest. Das erste Springen über bunte Stangen war an diesem heißen und sonnigen Tag nicht so überzeugend, aber mit der Hoffnung, dass wir das schon hinbekommen werden, zogst du bei uns ein.“ Und er bewies sich: Der Hannoveraner hatte ein großes Herz und wollte lernen und arbeiten. Durch kontinuierliche Dressurarbeit wurde aus ihm ein Pferd, das auch in schweren Dressurprüfungen vorne mitlaufen konnte. Ingrid Klimke und Braxxi zeigten, wie wichtig Harmonie im Viereck ist: Durchlässigkeit und Korrektheit waren das Ergebnis. Die Geländeprüfungen waren für ihn nie ein Problem, dort lief er auf der Überholspur. Nur im Parcours zuckten Ingrid Klimke und Springtrainer Kurt Gravemeier einige Male zusammen. Denn so mutig das Pferd im Gelände war, so ungern mochte er bunte Stangen auf dem Platz.

Von 2007 an war die Münsteranerin mit Butts Abraxxas sechs Jahre lang ohne Unterbrechung für Deutschland im Championats-Team: 2008 in Hongkong und 2012 in London. Beide Male gewannen sie bei den Olympischen Spielen Mannschaftsgold. Das hatte außer Abraxxas erst ein Pferd geschafft: Charisma mit Mark Todd. Nach den Spielen in Hongkong sollte der Olympiasieger verkauft werden. Madeleine Winter-Schulze, Mäzenin Ingrid Klimkes, verhinderte den Verkauf jedoch. Mit einem großzügigen Angebot unter Beteiligung des Hannoveraner Verbandes sorgte die ehemalige Spring- und Dressurreiterin dafür, dass Abraxxas weiterhin bei Ingrid Klimke bleiben konnte. Klimke und ihr „Wunderpferd“ konnten ihre gemeinsame Zeit weiterhin genießen.

Am 5. September 2013 beendete Braxxi dann seine internationale Karriere mit Platz fünf in Burghley, einer der schwersten Vielseitigkeitsprüfungen der Welt. Und mit nur einem Springfehler im Parcours. Nach diesem Abschied wurde er Lehrmeister für Ingrid Klimkes Tochter Greta Busacker. Er half ihr beim Umstieg vom Pony- in den Großpferdesport und absolvierte mit ihr sogar Nullrunden im Parcours. Siege in L-Geländepferdeprüfungen gingen auf das gemeinsame Konto.

2016 wurde das talentierte Pferd dann in den endgültigen Ruhestand verabschiedet. Und auch als Rentner behielt Abraxxas die „Box Nr. 1“ im Stall von Ingrid Klimke. Bei „Ingrid Klimke live“ war er auch weiterhin dabei. Seine Pflegerin Carmen Thiemann beschreibt ihn bis zum Schluss als agil und munter. Er verbrachte die Tage auf der Weide mit seiner besten Freundin „Weisse Düne“. Im März 2022 musste er altersbedingt eingeschläfert werden. Auf ihren sozialen Medien nimmt die Olympiasiegerin Abschied von ihrem Freund: „Mit 25 Jahren mussten wir uns unerwartet von Braxxi verabschieden. Er war noch fit und munter, aber eine akute altersbedingte Herzschwäche hat uns dazu bewogen, ihn nicht leiden zu lassen. Wir verdanken dem kleinen Kämpfer mit seinem riesigen Herz unzählige Glücksmomente. (…) Braxxi, du wirst immer einen besonderen Platz in unseren Herzen haben.“