Text: Nora Dickmann           Foto: Shutterstock/ romeovip_md

Für Billigfleisch wird weltweit Blut von trächtigen Stuten abgenommen – in besorgniserregender Menge. Was hat es damit auf sich, und was hat dies für Folgen für Stute und Fohlen?

Seit einigen Wochen kursieren Bilder und Videos durchs Netz, die zeigen, wie Pferden auf Island brutal Blut abgenommen wird. Die Stuten be- finden sich in einer Fixierbox, im Hals eine dicke Kanüle, aus der das Blut in einen großen Kanister abgefüllt wird. Die Animal Welfare Foundation (AWF) zeigte dies in einem Dokumentarfilm. Über zwei Jahre filmten sie solche Szenen.

Island gilt für viele Natur- und Pferdeliebhaber als Paradies. In dem Land boomt aber auch das grausige Geschäft mit dem Blut der trächtigen Stuten. Pro Saison, so die Dokumentation, wird rund 5.000 Stuten rund fünf Liter Blut abgenommen – in der Woche! Dieses Blut dient der Produktion des Hormons PMSG (Pregnant Mare Serum Gonadotropin), welches den Zyklus von Sauen in Mastbetrieben widerspiegelt. So werden die Ferkel alle gleichzeitig geboren, und der Landwirt spart Zeit Der Inhaber einer Blutfarm hingegen bekommt viel Geld. Denn mit dem Blut der Stute lassen sich bis zu 430 Euro erzielen.

Anzahl der Blutstuten steigt

Laut AWF soll die Zahl der Blutstuten vervierfacht werden. Das wären dann in der Saison 20.000 Stuten – und natürlich auch so viele Fohlen. Denn ohne Trächtigkeit und Fohlen produziert die Stute kein PMSG. Da dieses Geschäft boomt und die isländische Umweltbehörde Anfang des Jahres dem Pharmaunternehmen Ísteka ehf die Genehmigung erteilt hat, im Jahr 20 Kilogramm medizinischen Rohstoff aus insgesamt 600 Tonnen Blut von tragenden Stuten zu produzieren, wandern immer mehr Farmer in das Blutgeschäft ab. Die Folge: Es gibt immer mehr Schlachtpferdezüchter und immer mehr grausame Blutabnahmen. In Island ist es üblich, dass es mehrere kleine Höfe gibt, die das Blutabnehmen durchführen. Dazu werden die Stuten, so zeigt es die Dokumentation der AWF, mit Hilfe von Hunden zusammengetrieben und in Fixierboxen gedrängt. Hier helfen die Angestellten teilweise mit Gerten oder Stöcken nach, fixieren den Kopf des Pferdes in einer unnatürlichen Höhe und setzen die dicke Kanüle an. Bis zu fünf Liter Blut werden pro Tier in einer Woche abgenommen.

Blutstuten weltweit

Nicht nur auf Island, auch in anderen Ländern der Welt gibt es diese sogenannten Blutfarmen. Bereits im Jahr 2015 machte die Animal Welfare Foundation zum ersten Mal auf die Geschäfte mit PMSG auf Blutfarmen in Argentinien und Uruguay aufmerksam. Hier werden die Tiere ebenfalls brutal in Fixierboxen getrieben. Laut dem deutschen Tierschutzbund wird jeder Stute bis zu zehn Liter Blut, also etwa ein Viertel des Blutes eines Pferdes, pro Woche abgenommen. 30 Prozent der Stuten stirbt etwa jährlich an den Folgen des Blutabnehmens. Denn die- se Prozedur, die in Südamerika oft über elf Wochen durchgeführt wird, ist kräftezehrend. Die Tiere vegetieren durch die Steppe, weil sie oftmals nicht genügend Nahrung finden, um sich zu erholen. Die ungeborenen Fohlen der Stuten sterben oft schon aufgrund der Strapazen und der andauernden Blutentnahme im Mutterleib. Ansonsten tötet man sie meist durch eine Abtreibung per Hand, sobald die schwangeren Stuten kein PMSG mehr produzieren. So kann man die Stuten schnellstmöglich wieder decken und zur erneuten PMSG-Bildung anregen. Auch auf dem größten Haflingergestüt Meura in Thüringen wird seit über 30 Jahren tragenden Stuten schon Blut für ein Pharmaunternehmen abgenommen.

Mehr Informationen zu den Blutstuten finden Sie in der aktuellen Mein Pferd- Ausgabe.