Text: Nora Dickmann          Foto: imago images/AFLO

Die Olympischen Spiele in Tokio stehen kurz bevor, und natürlich wird auch die deutsche Equipe dabei sein. Aber wie sieht es mit der Reitkultur im Land der auf- gehenden Sonne aus?

Obwohl Pferde seit jeher eine wichtige Rolle in der Kultur Japans spielen, begegnet man ihnen heute eher selten. Aber wieso? Begeben wir uns auf eine kleine Zeitreise zu den Ursprüngen der Pferdehaltung!

Knochenfunde aus der Yayoi-Ziet (3. Jh. v. Chr. bis 3. Jh. n. Chr.) lassen darauf schließen, dass die ersten Reit- und Arbeitspferde einem mittelschweren Typus entsprachen, der mit dem heutigen Kiso-, Misaki- und Hokkaido-Pferd verwandt ist. Erste Belege, dass die Tiere auch als Reittier genutzt wurden, gibt es allerdings erst aus der Kofun-Zeit (300 bis 538 n. Chr.). Pferdegeschirre, die gefunden wurden, waren bereits so ausgereift, dass eine starke Beeinflussung vom Festland vermutet wird. Hier nutzte man schon deutlich früher die Pferde zum Reiten. An den japanischen Kaiserhof gelangten die Vierbeiner um das Jahr 363 n. Chr., als Tributgeschenke, nachdem Korea erobert worden war. Am Hofe des Mommu-Tenno (697 n. Chr.) und der nachfolgenden Kaiser förderte man die Pferdezucht im größeren Umfang, und somit entstanden die ersten Gestüte, sowohl staatliche als auch private. Daraus wurde ein lohnendes Staatsgeschäft. Sowohl die Anzahl der Pferde für militärische Zwecke als auch diejenige für die zivile Nutzung wurden durch viele staatliche Verordnungen bestimmt.

Die Kunst zu reiten

Nicht nur die Beherrschung von Bewegungen des Pferdes wie Galopp oder Springen wurde in der Reitkunst, Bajutsu, reglementiert, sondern auch der Umgang mit dem Tier auf dem Schlachtfeld. Hierzu zählten der Kampf mit unterschiedlichen Waffen vom Pferderücken aus, Formationsreiten oder das Überwinden von Hindernissen. Ein gut ausgebildetes Pferd konnte auf Kommando mit den Hufen ausschlagen und somit Angreifer in die Flucht schlagen oder verletzen. Auch durfte das Tier nicht wasserscheu sein, denn die Wasser-Pferdekunst, Sui-Bajutsu, galt ebenfalls als wichtiger Teil der Ausbildung. Hierbei lernte das Reiter-Pferd-Paar, Flüsse zu durchqueren und dort auch zu kämpfen.

Auch heute noch sind einige Teile der ehemaligen Reitkunst in Japan zu finden. Dazu zählt das Kyubajutsu, das Bogenschießen zu Pferd, das heute noch in sportlich-rituellen Wettkämpfen, den Yabusame, ausgeübt wird. Neben der Hundejagd, die oftmals tödlich für die Hunde verlief, galten auch Pferderennen als angesagte Sportart, um junge Krieger zu trainieren. Bis heute sind Pferderennen in Japan sehr beliebt!

Pferde in der Schlacht

Frühe Schlachten der Samurai waren meist Duelle weniger berittener, hochrangiger Bushi, die von einer kleinen Anzahl an Fußsoldaten unterstützt wurden. Diese waren aber eher indirekt am Kampfgeschehen beteiligt. Erst nach den Mongoleneinfällen am Ende des 13. Jahrhunderts entwickelten sich in Japan unterschiedliche Truppen während eines Kampfes. Das Pferd stellte dabei eine bedeutende Rolle dar: Es war nicht nur wegen seiner Schnelligkeit beliebt und wurde bewundert, sondern vor allem durch seine psychologische Wirkung war es nicht mehr aus dem Kampfgeschehen wegzudenken. Fußtruppen flüchteten regelmäßig vor den Hufen des Tieres, denn massive Reiterattacken waren damals keine Seltenheit.

Bis das Pferd für den Kampf ausgebildet war, konnten drei bis fünf Jahre vergehen. Kanonendonner, Musketensalven, Feuer sowie beißender Qualm, aber auch die Schreie der Kämpfer konnten ein unerfahrenes Reittier schnell außer Kontrolle geraten lassen. Dies galt es zu vermeiden.

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