Interview: Karin Tillisch       Foto: Getty Images/Maskot

Zusätzlich zu dem Artikel zum Thema „So kommt Mann aufs Pferd“ in der Mein Pferd-Ausgabe 12/2018 hat Karin Tillisch ein Interview mit verschiedenen Personen aus dem Reitsport geführt:

Peter Pfister: Bestseller-Autor, Showreiter, Seminarleiter. Seine Schwerpunkte: Ranchreiten, Zirzensik, Bodenarbeit, Freiheitsdressur. www.peterpfister.de

Ralp Nick: Westernpferdetrainer und Turnierreiter, betreibt einen Pensions-, Zucht- und Ausbildungsstall in Baden-Württemberg am Rande des Schwarzwalds.

 

Kurz und knapp: Wie bist du aufs Pferd gekommen?

Peter Pfister: Das Pferd ist zu mir gekommen. Seit ich denken kann, war ich begeistert von Pferden. Warum das so ist, weiß ich nicht.

Ralph Nick: Meine Mutter wollte sich ein ruhiges, liebes Pleasure-Pferd kaufen, hat sich dann aber einen vierjährigen Barrel Racer gekauft. Nach kurzer Zeit und mehreren Stürzen hatte sie Angst vor Hombre, und danach stand er nur noch im Stall. Er tat mir irgendwie leid, und deshalb bin ich regelmäßig mit ihm ins Gelände geritten.

 

Was begeistert dich bei Pferden am meisten?

Peter Pfister: Mit diesem edlen, starken und faszinierenden Tier in einer Partnerschaft zu leben, die ganz viel zulässt.

Ralph Nick: Die Pferde zu schulen und zu entwickeln.

 

Erzähl uns kurz etwas über das wichtigste Pferd bisher in deinem Leben und wieso es solch einen Einfluss auf dich hatte.

Peter Pfister: Da kann ich nicht eines nennen, es waren viele. Von jedem habe ich gelernt, und jedes war und ist auf seine Weise wichtig und besonders.

Ralph Nick: Das wichtigste Pferd für mich war Hombre: Wäre er nicht gelangweilt im Stall gestanden, hätte ich vielleicht nie das Reiten angefangen. Gerne hätte ich ihn mit meinem jetzigen Wissen rund uns Thema Pferd noch einmal bei mir.

 

Was war für dich der Hauptgrund, das Thema „Pferd“ zu deinem Beruf, deiner Passion zu machen?

Peter Pfister: Ich wollte mehr Zeit für die Arbeit mit Pferden haben, um besser zu werden und noch mehr über sie zu lernen.

Ralph Nick: Es macht mir sehr viel Spaß, die Pferde und Reitschüler dort „abzuholen“, wo sie sind, und sie weiterzuentwickeln.

 

Ticken Reiter anders als Reiterinnen in Sachen Umgang und Ausbildung ihrer Pferde? Wenn ja, wo siehst du da die Hauptunterschiede?

Peter Pfister: Ja, ich erlebe das oft so. Männer sind meist zielorientiert und gradlinig strukturiert. Sie machen sich meist weniger Gedanke darüber, was passieren könnte, und tun einfach etwas, und dann passiert meist auch nichts. Frauen sind in der Regel beziehungsorientiert, denken lange kreuz und quer, was dann schon mal auf Kosten der Klarheit im Umgang mit dem Pferd geht. Ein Pferd möchte aber in klaren Verhältnissen und Strukturen leben, das entspricht seiner Natur. Es will sich in seiner Eigenschaft als Flucht- und Beutetier an einem ranghöheren Wesen orientieren, das ihm Sicherheit und Geborgenheit gibt.

Ralph Nick: Jeder Reiter und jede Reiterin tickt anders. Ich glaube nicht, dass es beim Umgang mit Pferden plakative geschlechtliche Unterschiede zwischen Mann und Frau gibt.

 

Das Pferd ist ja in einer Beziehung oft das Krisenthema Nummer eins. Kannst du dir das erklären, warum es oft so weit kommt, dass irgendwann gesagt wird, „entweder der Gaul geht oder ich!“?

Peter Pfister: Das Pferd hat leider heute bei manchen, in der Regel Frauen, einen Status eingenommen, den es nicht will und der ihm nicht zusteht. Es wird auf einen Sockel gehoben und rangiert mitunter in seinem Status fast wie ein Halbgott. Es wird in seiner Wertigkeit über Partner und Familien gesetzt, und nicht selten müssen diese darunter leiden und zurückstecken. Das ist nicht in Ordnung. Lasst das Pferd wieder Pferd sein, damit geht es ihm und auch den Menschen besser.

Ralph Nick: Das Pferd nimmt oft unendlich viel Zeit, Liebe und auch einen kostspieligen Unterhalt in Anspruch. Ich glaube, dass allein das schon zu Konflikten führen kann. Ich frage meine Einsteller ab und zu auch mal spaßeshalber: Bekommt dein Partner genauso viel Zuwendung? Falls ja, das wäre ja ziemlich genial!

 

Frauen suchen Harmonie und Freundschaft mit dem Pferd, Männer meistens eher den Erfolg auf dem Turnier. So hat es zumindest den Anschein. Trügt da der Schein?

Peter Pfister: Wie ich schon sagte, Frauen sind beziehungsorientiert, Männer zielorientiert. Beide Eigenschaften haben ihre Schwächen und Stärken. So sind wir unterschiedlich geschaffen, und der Schöpfer hat sich dazu seine Gedanken gemacht. Wenn nun jeder seine Stärken zum Wohl des anderen einsetzt und den anderen mit seinen Bedürfnissen so akzeptiert, wie er ist, ist diese Andersartigkeit kein Hindernis, sondern eine große Stärke.

Ralph Nick: Ich glaube das nicht, ich denke, dass sowohl der Mann als auch die Frau in allererster Linie auf der Suche nach Harmonie mit dem Pferd sind.

 

Wie können Pferdebesitzerinnen deiner Meinung nach verhindern, dass sich der nichtreitende Freund oder Partner am Stall nicht wie das fünfte Rad am Wagen vorkommt?

Peter Pfister: Das kann man nicht pauschal sagen. Warum kommt ein nichtreitender Mann mit seiner Partnerin zum Stall? Hier sollte man seine Beweggründe herausfinden und ihn dort ernst nehmen. Vielleicht hat er Freude daran, sich mit dem Mann der Stallbetreiberin über Traktoren zu unterhalten, oder Freude an der praktischen Arbeit rund ums Pferd. Hier sollte man ihn machen lassen und ihn nicht nötigen, unbedingt die Bedürfnisse der Partnerin zu kopieren. Es sollte ernst genommen und nicht an den Rand gestellt werden.

Ralph Nick: Das hat viel mit den Interessen des Partners zu tun. Ich kenne etliche Beziehungen, wo der nichtreitende Partner sich sehr wohlfühlt im Kreis der Reiter. Oder er hat gar nicht das Interesse oder auch die Möglichkeit, viel Zeit in den Reiterkreisen zu verbringen. Beides kann funktionieren, man muss nur die Interessen des Partners dann auch einfach akzeptieren.

 

Wie kann man Männern das Hobby Pferd so nahebringen, dass sie davon ebenfalls begeistert sind?

Peter Pfister: Indem man das Männliche in Sachen Pferd herausstellt. Indem man ihn zusammenbringt mit anderen pferdebegeisterten Männern. Für mich hat die Sache mit den Pferden viel mit Freiheit und Abenteuer zu tun. Ich denke, andere Männer haben ähnliche Empfindungen. Lasst die Männer wieder Cowboys sein und bevormundet sie nicht! Lasst sie ihre Fehler selbst machen, Besserwisserei demotiviert. Um wieder mehr Männer aufs Pferd zu bringen, habe ich vor Jahren Trickreitkurse für Männer organisiert, bei denen wir eine Menge Spaß hatten. Außergewöhnliche Dinge mit und am Pferd zu tun kann sehr begeistern, und Begeisterung ist eine wichtige Triebfeder. Hier Projekte zu entwickeln, die die Reiterei wieder mehr aus der „Mädchenecke“ holt, um sie in den Fokus der Männer zu stellen, wäre eine lohnende Sache. Es wäre ein Zugewinn nicht nur für Männer, sondern auch für die vielen pferdebegeisterten Frauen, die sich wünschen, ihr Partner hätte mehr „horsesence“. Ein anderes Projekt, das ich initiiert habe, ist „Männer in die Wüste – Trailritte nur für Männer“. So war unser erstes gemeinsames Unternehmen ein Trailritt durch die tunesische Sahara. Bald darauf folgte ein zweiter. Es war toll, durch das Land von Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar zu reiten, durch unterschiedliche Wüstenlandschaften, durch Oasenstädte, in den man sich in eine längst vergangene Zeit zurückversetzt fühlt. Auf schnellen Arabern oder Berber-Araber-Pferden durch ausgetrocknete Flussläufe zu galoppieren, abends am Lagerfeuer zu sitzen und nachts im Beduinenzelt zu schlafen. Inzwischen waren wir bereits in einigen anderen Ländern zu Pferd unterwegs und sind nach wie vor sehr begeistert, und wenn immer es geht, versuchen wir in jedem Jahr wieder einen gemeinsamen Männerritt zu organisieren.

Ralph Nick: Da weiß ich leider kein Patentrezept.