Text: Lara Wassermann | Foto: Daniel Elke

Immer neue Sattelhersteller sprießen förmlich aus dem Boden, halten sich häufig aber nur wenige Jahre. Das Traditionsunternehmen Stübben wurde vor 125 Jahren gegründet und überzeugt noch heute durch echte Qualitätsarbeit.

Der Geruch nach Leder und Pflegemittel löst schon beim Eintreten in die große Halle ein angenehmes Gefühl aus – irgendwie riecht es nach Reitgeschäft , nach „etwas Neuem fürs Pferd kaufen“ und nach Kindheit. Die Erinnerungen, die so fest mit diesem Duft nach Leder verbunden sind, spielen meistens in etwas veralteten Reitsportläden oder beim Schuster um die Ecke. Hier passt die Umgebung jedoch so gar nicht zu diesen Erinnerungen, denn in der Gläsernen Manufaktur von Stübben sieht es alles andere als altmodisch aus. Über dunkle Langflorteppiche gelangt man in den offenen Showroom, der die verschiedensten Sattelmodelle in allen denkbaren Farb- und Materialkombinationen zeigt. Er wird unterbrochen von offenen Büros und führt zu den tiefen Fenstern mit Blick in die Sattlerei, die der Firmenzentrale das Gläserne verleihen. Durch sie kann man nahezu jeden Schritt der Fertigung beobachten. Eine Sitzecke mit Hockern aus „Roxane“, „Siegfried“ und anderen lädt zum Verweilen ein. „Auf ,Siegfried‘ sitzt man immer noch gut oder?“, scherzt einer der Geschäftsführer des Unternehmens. Um Verwirrung vorzubeugen: Bei „Siegfried“ handelt es sich um das erfolgreichste Sattelmodell von Stübben. Doch wie kommt es zu dieser ungewöhnlichen Namensgebung? Bis zum Zweiten Weltkrieg war es unüblich, Sätteln einen Modellnamen zu geben, in der Regel trug ein Sattel den Namen des Herstellers und eine Sattelnummer. „Anfang der 50er-Jahre entwickelte sich ein schnell wachsender Markt in den USA und Kanada. Der damalige amerikanische Großhändler empfahl, den Sätteln eine zusätzliche Identifikation durch einen Modellnamen zu geben. Es sollten deutsche Namen sein, da man deutsche Produkte mit Qualität und Wertarbeit gleichsetzte. So entschied man sich für Namen aus der Nibelungensage, und ,Siegfried‘ sollte der erste hiervon sein“, erklärt Johannes Stübben, Chef der Traditionsmarke. „Dieses Sattelmodell und seine nachfolgenden Generationen wurden nicht nur zum meistverkauften der Welt, sondern in keinem anderen Sattel wurden so viele Goldmedaillen und Weltmeisterschaften gewonnen wie mit diesem“, so Stübben weiter. Traditionshandwerk Seit 125 Jahren schon werden Stübben-Sättel gefertigt. Dabei sind die Sättel natürlich mit der Zeit gegangen – sie sind immer moderner geworden. Innovatives Design und eine perfekte Passform für das Pferd sind dabei die wichtigsten Kriterien: „Wir haben außerdem früh erkannt, wie wichtig es ist, die Produkte zu individualisieren. Das heißt, dass jeder Pferdebesitzer natürlich neben der Maßanpassung an das Pferd die Möglichkeit hat, jede Nahtfarbe, jede Pausche und jeden Swarovski-Stein selbst auszuwählen“, erklärt Jan Stübben, der 2017 als zweiter Geschäftsführer eingetreten ist. Die beiden Cousins führen das Unternehmen in der fünften Generation. Schon früh war für Johannes Stübben klar, dass er später in die Fußstapfen seines Vaters an der Spitze des Unternehmens treten würde. Darum arbeitete er schon als Schüler in der damaligen Zentrale in Krefeld und lernte so schnell die Arbeitsprozesse kennen. Nach seinem Abitur machte er eine Sattlerausbildung, die den Grundstein für seine jetzige Position legte: „Ich verstehe die Abläufe, weiß, wie das Material verarbeitet wird und wie wichtig hochwertige Grundmaterialien für ein gutes Ergebnis sind.“ Nach der Ausbildung studierte der Krefelder dann noch International Business. 2013 trat er erstmalig als Geschäftsführer auf, damals noch neben seinem Vater. Nachdem sein Cousin Jan Stübben hinzugekommen war, wurde der Generationenwechsel vollzogen.

Besonders nachhaltig

Großen Wert legen die jungen Geschäftsführer bei den Materialien auf Qualität und Nachhaltigkeit. Sowohl bei der Lederauswahl als auch beim Gerben werden keine Kompromisse eingegangen. Wie weich, anschmiegsam und dennoch robust die ausgewählten Häute sind, kann man selbst als Laie fühlen. Das Material ist griffig, aber dennoch weich, und riecht sehr gut. Im Lederlager neben der Werkstatt hängen die verschiedensten Farben, die sich alle etwas unterscheiden. Einen identisch gleichen Sattel zu erschaffen, sei unmöglich, da sich das Naturmaterial immer etwas unterscheide, erklärt Johannes Stübben. Das führe natürlich dazu, dass die Trense vielleicht farblich nicht absolut identisch zum Sattel sei, jedoch würde das Material durch seine Eigenschaften diesen Minuspunkt wettmachen. „Das Leder soll möglichst unbehandelt verarbeitet werden, sodass seine positiven Eigenschaften nicht verloren gehen“, fasst er zusammen. Das vollnarbige Leder stammt aus der Alpenregion. Durch diese Vollnarbigkeit, also das Erhalten der obersten Hautschicht, der Epidermis, bleiben die Atmungsaktivität, die Reißfestigkeit und die Scheuerbeständigkeit erhalten. Gegerbt wird das Stübben-Leder durch ein Verfahren, das es hypoallergen macht, also zu hundert Prozent hautverträglich. Außerdem wird es um 25 Prozent leichter als anderes Leder, erhält eine hohe UV-Beständigkeit und wird temperaturneutral und ökologisch produziert. Das im „Metal-Free-Verfahren“ gegerbte Leder wird bei einem speziellen Gerber außer von Stübben nur noch von zwei Luxusmarken aus der Mode-Industrie, die ebenfalls sehr großen Wert auf die Lederqualität legen, bezogen. Die Neuerfindung des Unternehmens ist ein Gerbverfahren, welches noch nachhaltiger und effizienter ist. Die „Olivengerbung“ basiert, wie der Name schon sagt, auf Oliven. Jedoch nicht aus ihren Früchten, sondern dem Abfallprodukt des Baumes – den Blättern, die ansonsten verbrannt würden.

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