Text: Aline Müller       Foto: Getty Images/EyeEm

Pferde sind sensible Lebewesen und spiegeln auch die Ängste ihres Reiters. Nicole Weber, Erfinderin der Equihypnose-Methode, zeigt, wie Sie mit praktischen Übungen und Selbsthypnose sich selbst besser verstehen und Ängste auflösen können.

Jeder Mensch kennt das Gefühl von Angst. Sie ist ein wichtiger Überlebensmechanismus. Wenn die Angst allerdings ständig mitreitet und das Zusammensein mit dem Partner Pferd bestimmt, dann kann sie zu einer großen Last werden. In unserer Leistungsgesellschaft wird selten offen über Ängste gesprochen. Ratschläge wie „Du musst über die Angst hinwegreiten“ oder „Dein Pferd darf deine Angst nicht spüren“ gehen oft nach hinten los. Gefühle zu verstecken ist meist keine gute Lösung. Vielmehr ist es wichtig, sich mit Ängsten auseinanderzusetzen und einen achtsamen Umgang mit sich selbst zu entwickeln. „Pferde kann man nicht belügen. Sie sind Gefühlsseismographen“, gibt Nicole Weber zu bedenken. Die Hypnoseausbilderin und Heilpraktikerin für Psychotherapie hat mit der Equihypnose eine eigene Methode zur Überwindung von Reitangst entwickelt.

Angst und Kontrollverlust

Seit einem Sturz im Parcours im vergangenen Sommer kämpft Svenja mit ihrer Angst. „Es war ein verregneter Tag, und im Stechen rutschte mein Wallach plötzlich in einer Kurve aus. Ich konnte nicht mehr reagieren und wurde unter ihm begraben“, erinnert sie sich. „Noch heute traue ich mich nicht wirklich zu galoppieren, geschweige denn zu springen, und ich merke, wie ich dadurch auch mein Pferd verunsichere.“ Nach dem Unfall kam Svenja ins Krankenhaus und konnte nicht sofort wieder aufsteigen. „Mein Trainer hat anschließend alles mögliche probiert, damit ich die Angst verliere, doch bisher hat nichts geholfen“, sagt die Reiterin. Svenjas Fall zeigt, dass Angst nichts mit fehlendem Können zu tun hat. Dazu sagt Nicole Weber: „Auch Berufsreiter, die international erfolgreich sind, können Ängste entwickeln. Ängstlichkeit ist kein Teil des Charakters. Was hinter dem Gefühl steckt, ist Kontrollverlust.“ Dieser spielt beim Reiten eine besonders große Rolle. Schließlich sind Pferde Fluchttiere mit eigenen Gefühlen und einem eigenen Kopf. Wir können sie nicht immer kontrollieren, aber wir können lernen, in schwierigen Momenten die Ruhe zu bewahren und mit Ängsten umzugehen. „Grundsätzlich haben Ängste zwei Komponenten. Die erste ist die Ursache, welche die Angst hat entstehen lassen, die zweite ist die Aufrechterhaltung der Angst“, erklärt Nicole Weber. Wir geraten schnell in einen Gedankenstrudel und malen uns aus, was alles passieren könnte. Dadurch hypnotisieren wir uns sozusagen selbst. „Wenn wir uns etwas intensiv vorstellen, gehen wir in Trance. In diesem Zustand sind wir besonders aufnahmefähig“, sagt unsere Expertin. Die eigene Sensibilität und Vorstellungskraft kann jedoch auch dazu genutzt werden, Angst zu überwinden.

Übertragung und Lebensgeschichte

Ängste können auf verschiedene Weise entstehen. Eine Rolle spielt dabei die Übertragung: „Wenn Ängste durch Eltern oder andere Bezugspersonen vorgelebt werden, schauen sich Kinder dieses Verhalten ab“, betont Nicole Weber. Viele Ängste lassen sich durch die Lebensgeschichte erklären. Hier müssen wir noch einmal auf das Thema Kontrollverlust zurückkommen: „Bereits als Baby lernen wir, dass wir oft nicht Herr der Lage sind. Wachsen wir in unsicheren Verhältnissen auf, zum Beispiel weil die Beziehung zu unseren Eltern nicht sicher ist, werden wir häufig auch im Erwachsenenalter von unklaren Ängsten heimgesucht“, so die Erfinderin der Equihypnose. Nicole Weber erzählt von Diana, einer Reiterin, die nach einem Sturz von ihrem Pferd beim Reiten immer wieder ein unklares Gefühl spürte. Durch die Hypnose und Therapie stieß sie schließlich auf Ängste aus der Kindheit, die sie lange verdrängt hatte. Dieses alte Gefühl des Alleingelassenseins wirkte sich auf die Beziehung zwischen ihr und ihren Pferden aus.

…den kompletten Artikel – inklusive praktischer Übungen zum Nachmachen – finden Sie in der Mein Pferd-Ausgabe 4/2020.