Text: Inga Dora Meyer     Foto: cut – stock.adobe.com

Besonders im Herbst und Winter greifen Pferde­besitzer vermehrt zu Ölen, um ihrem Pferd etwas Gutes zu tun. Aber ist das wirklich notwendig? Brauchen ­Pferde Öle als Zusatz zu Rau- und Kraftfutter überhaupt?

Leinöl, Reiskeimöl, Schwarzkümmelöl und Co. – der Markt bietet die unterschiedlichsten Öle an. Kaum ein Futterwagen, in dem nicht eine Flasche oder ein Kanister davon zu finden ist. Die Fettsäuren scheinen zu einem unverzichtbaren Bestandteil in der Pferdefütterung geworden zu sein. Dabei ist die Ernährung der Vierbeiner evolutionsbedingt eigentlich gar nicht auf Öle ausgelegt. „Da Pferde sich von Steppengras ernährten und nicht, wie andere Säugetiere, dann fressen mussten, wenn Nahrung erbeutet wurde, ergab sich aus diesem Fressverhalten in der Evolution der Pferde keine Notwendigkeit dafür“, erklärt Thomas Kranz, Diätetikspezialist für Pferde und Gründer der Firma Natural Horse Care.

Daher haben Pferde keine Gallenblase. „Dennoch produzieren sie ausreichend Galle, die zu einem Teil in den Gallenwegen und insbesondere in der Leber bevorratet wird. Da aber Pferde den ganzen Tag Nahrung zu sich nehmen, wird die Galle den ganzen Tag über in konstanten Mengen über die Bauchspeicheldrüse der Verdauung (Dünndarm) zugeführt. Eine große Bevorratung ist daher nicht nötig“, so der Experte. Ein Pferd mit 500 Kilogramm Körpergewicht würde immerhin zehn bis 15 Liter Gallenflüssigkeit produzieren, die un ter anderem fettspaltende Enzyme enthält. Die Studienlage hierzu sei eindeutig. „Pferde sind jedoch nur in der Lage, Öle zu verdauen, sofern die Gesamtration im Schnitt einen Rohfettgehalt von circa fünf Prozent nicht übersteigt“, so der Diätetikspezialist. Wissenschaftlich konnte erwiesen werden, dass bis zu zwei Gramm Fett/Öl je ein Kilogramm Körpermasse mit über 80 Prozent bereits im Dünndarm problemlos verdaut werden können – dies sind immerhin 250 Milliliter Öl. Werden die Fettmengen sehr gleichmäßig über die gesamte Fütterung verteilt, werden bis zu 100 Milligramm je 100 Kilogramm ­Lebendmasse mit einer Verdaulichkeit von über 90 Prozent erreicht.

Fette können verdaut werden

Die Verdaulichkeit von Ölen ist aber vom eigenen Schmelzpunkt abhängig, das heißt von der Temperatur, bei der die Öle flüssig sind. Je niedriger dieser ist, desto mehr ungesättigte Fettsäuren liegen vor und um so besser kann das Öl verdaut werden. „Eine gute Verdaulichkeit z. B. haben Leinöl und Fischöl, auch wenn viele weitere Öle auf dem Markt erhältlich sind. Hier steckt ein gezieltes Marketing hinter jedem Öl, denn jedem Öl kann man etwas abgewinnen“, weiß Kranz.

Das richtige Öl ist idealerweise kaltgepresst worden und stammt aus Ländern mit hohen Anbaustandards, was z. B. die Verwendung von Herbiziden und Glyphosat anbetrifft. Es wird erst kurz vor dem Abfüllen gepresst, und der Hersteller ist in der Lage, die Reinheit des Öls zu bescheinigen. Bioöle sollten frei von lebertoxischen sogenannten Pyrrolizidin-Alkaloiden sein, die unter anderem von bestimmten Unkräutern (z. B. Jakobskreuzkraut) ­gebildet werden.

„Denken Sie beim Ölkauf daran, möglichst regional einkaufen. Palmöle sollten grundsätzlich nicht in den Futtertrog. Erstens, weil sie schwer verdaulich sind, und zweitens, weil sie wichtige Ressourcen zerstören. Kokosöle sind ebenso schwer verdaulich und legen bis zu uns viele Tausende Kilometer zurück – auch hier sollte der Einsatz abgewägt werden“, rät der Experte.

…weitere Informationen zur Ölfütterung erhalten Sie in der Mein Pferd-Ausgabe 11/18.