Text: Anna Castronovo          Foto: imago images/ Frank Sorge

Obwohl erwiesen ist, dass Koppen keine gesundheitlichen Schäden mit sich bringt, versuchen Pferdehalter noch immer, diese Verhaltensstörung um jeden Preis zu unterbinden – und das mit tierschutzrelevanten Mitteln

Das Koppen gehört zu den wohl bekanntesten Verhaltensstörungen des Pferdes. Da immer noch viele Pferdehalter versuchen, diese Stereotypie, die früher sogar ein Gewährsmangel war, durch Kopperriemen, Strom oder Operationen zu unterbinden, hat sich die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (TVT) mit diesem Thema auseinandergesetzt. Ende 2020 erschien das neue Merkblatt dazu, federführend bei der Erarbeitung war Tierärztin Dr. Christine Jahntz-Leschinsky. Ihr Appell: Nicht die Symptome bekämpfen, sondern die Ursachen abstellen!

Wie entsteht Koppen?

„Eine stereotype Verhaltensstörung entsteht, wenn das Pferd Bedingungen ausgesetzt ist, die es daran hindern, seine natürlichen Verhaltensmuster auszuleben“, erklärt Dr. Jahntz-Leschinsky. „An erster Stelle stehen dabei Einschränkungen in den Haltungsbedingungen und den sozialen Kontakten sowie eine nicht artgerechte Fütterung.“ Es überrascht nicht, dass der Anteil koppender Pferde in Boxeneinzelhaltung höher ist als in Gruppenhaltung. Denn: „Pferde sind artspezifisch in Gruppen lebende Tiere, für die soziale Kontakte zu Artgenossen unerlässlich sind. Sie haben auch ein ausgeprägtes Erkundungs- und Neugierverhalten. Durch die heutzutage größtenteils immer noch praktizierten, nicht artgemäßen Haltungsbedingungen wie Einzelhaltung, kein oder zu wenig Auslauf, reduzierte Sozialkontakte oder zu kurze Fresszeiten werden die Pferde in genau diesen, ihnen so wichtigen, natürlichen Verhaltensweisen erheblich eingeschränkt.“

Ein weiterer großer Aspekt: „Die Entstehung von Verhaltensstörungen ist auch auf die gängigen Fütterungspraktiken zurückzuführen, die das Bedürfnis des Pferdes nach einer kontinuierlichen Nahrungsaufnahme vernachlässigen“, so die Tierärztin. „Aber auch Fehler im Umgang, der Ausbildung und dem Training können zu erheblichem Stress und Frust führen.“ Und diesen Dauerstress baut das Pferd dann durch Koppen ab.

Dabei spannt es die vordere Halsmuskulatur an, sodass sich der Schlundkopf öffnet und Luft in die Speiseröhre einströmt. Es entsteht ein rülpsendes Geräusch, der sogenannte Koppton. Die meisten Kopper setzen dazu die Schneidezähne auf einen festen Gegenstand, wie den Krippenrand, die Boxenumrandung oder Zaunlatten. Das sind die sogenannten Aufsetzkopper. Einige Pferde können aber auch koppen, indem sie den Kopf beim Zusammenziehen der Halsmuskeln erst in Richtung Brust nicken und ihn dann Hochschnellen lassen, die nennt man Freikopper.

Kann man Koppen wieder abgewöhnen?

Pferde reagieren in unterschiedlichem Ausmaß auf Stress – wie anfällig ein Tier für Verhaltensstörungen ist, hängt von seinem Charakter ab. Was aber sicher ist: „Beginnt ein Pferd mit dem Koppen, ist das ein Zeichen für eine beeinträchtigte Lebensqualität und somit ein Symptom für tierschutzrelevante Bedingungen“, so Dr. Jahntz-Leschinsky. Und die sollte man sofort ändern, denn das Koppen kann nur abgeschwächt werden, wenn die auslösenden Bedingungen umgehend und sehr konsequent geändert werden. „Hat ein Pferd das Koppen als Verhaltensstörung einmal entwickelt, so ist es nicht möglich, ihm diese wieder abzugewöhnen“, so die Tierärztin. „Selbst unter den besten Haltungsbedingungen koppen viele Pferde weiter. Das liegt daran, dass es während der Entwicklung dieser Stereotypie zu strukturellen Gehirnveränderungen kommt.“

Mehr Informationen zum Thema „Koppen“ finden Sie in der August-Ausgabe.