Text: Inga Dora Meyer    Foto:imago/Frank Sorge

Ihr Pferd lässt sich schlecht biegen? Es geht nur ungern vorwärts oder hält sich im Rücken fest? Dann könnten verspannte Muskeln Schuld daran sein. Abhilfe schafft die Stresspunktmassage, mit der Sie Ihr Pferd selbst behandeln können und so für mehr Beweglichkeit und Wohlbefinden sorgen.

Egal, welche Disziplin Ihr Pferd geht, ob Sie es als Turnier- oder Freizeitpferd einsetzen, jeder Vierbeiner kann unter Muskelproblemen leiden. „Die Ursachen dafür sind sehr vielfältig“, sagt Claus Teslau, Pferde-Physiotherapeut aus Rheine (Nordrhein-Westfalen). Dazu gehören u. a. mangelnde reiterliche Fähigkeiten wie ein schief sitzender Reiter oder ein nicht von der Reiterhand unabhängiger Sitz. Aber auch reiterliches Übergewicht, oft einhergehend mit einer verstärkten Unbeweglichkeit, kann zu Muskelproblemen führen. Gleiches gilt für eine ständige Überforderung des Pferdes, ein zu frühes oder ­unqualifiziertes Anreiten junger Tiere, psychosozialer Stress, häufiger Turnierstress oder ein generalisierter Bewegungsmangel, zählt der Experte weiter auf. Muskelverspannungen sind auch dann vorprogrammiert, wenn ein Pferd während der Woche nur auf der Weide steht und dann am Wochenende zu einem mehrstündigen Ausritt eingesetzt wird.

Überlastete Muskulatur

Verspannte Muskeln sind immer verkürzte Muskeln. Das bedeutet, ihre Dehnfähigkeit ist verringert. Damit wiederum besteht ein ständiger Zug auf die zum Muskel gehörenden Sehnen. Manchmal bedarf es dann nur einer kleinen zusätzlichen Anstrengung, und es kommt zu sehr starken Verspannungen oder Verklebungen. „Meist erkennt der Reiter derartige Zustände zunächst einmal nicht. Erst, wenn das, was bisher und im Rahmen des Pferdealters und des Ausbildungsstandes ohne Schwierigkeiten möglich war, nur noch schlecht oder mit zunehmendem Widerstand geht, wird er hellhörig“, weiß Teslau. Lektionen gelingen plötzlich nicht mehr so gut wie sonst. Das Pferd widersetzt sich Stellung und Biegung, stürmt scheinbar grundlos davon, läuft steif und unwillig, zeigt nur eingeschränkte Bewegungen, Taktfehler oder wenig Vorwärtsdrang. Beim Putzen deutet es an bestimmten Körperstellen Abwehrreaktionen an. Manchmal lässt sich sogar ein Bein nur noch mit vermehrtem Widerstand anheben, listet der Pferde-Physiotherapeut mögliche Folgen auf. Nicht zu vergessen sind überlastete Muskeln infolge eines Schlags oder Tritts, die zu Spätfolgen führen können, auch wenn die ­eigentliche Ursache bereits erfolgreich behandelt wurde. Meist stehen Schmerzen in Verbindung mit Muskelproblemen. Verspannungen sollten daher ernst genommen werden. Häufig handelt es sich anfangs nur um ein kleines Stück Muskelgewebe, das betroffen ist und zunächst völlig unbemerkt bleibt. Dieser Teil des Muskels wird aber unter Belastung nicht mehr aktiv tätig. Was passiert? Die umgebende Muskulatur übernimmt die Arbeit. Aus dieser Mehrbelastung wird jedoch schnell eine Überlastung, so dass weitere Muskelgruppen verspannen können. Der Körper funktioniert eben immer nur als Ganzes. Und genau hier kommt die Stresspunktmassage ins Spiel. Sie deckt Muskelprobleme auf und ist präventiv tätig, d. h. bevor Muskelschäden überhaupt entstehen. Denn diese gehören immer in die Hand eines erfahrenen Tierarztes. „Bei der Stresspunktmassage handelt es sich um eine Therapie zur Behandlung des myo­faszialen Schmerzsyndroms bei Pferden. Diese Behandlung bewirkt, dass das Pferd sich wieder in der ihm natürlich gegebenen Bewegungsqualität ohne Schmerz, oder zumindest schmerzreduziert, bewegen kann“, erläutert der Experte. Die verkrampften oder verklebten Muskelfasern lösen sich und können wieder ihre natürliche Funktion erfüllen. Dafür wird an bestimmten Stresspunkten gearbeitet, die sich in der Regel an den Ursprungs- und Ansatzpunkten der Muskeln, also den Übergängen zwischen Muskulatur und Sehnen, befinden. Diese Methode wurde vom US-Amerikaner Jack Meagher entwickelt. Dokumentiert wurde seine Arbeit bereits im Jahre 1970. Er war einer der Ersten, der sich mit muskulären Verspannungen und deren Folgen auf die Leistungsfähigkeit und Bewegungsqualität bei Sportpferden beschäftigt hat. Im Jahr 2000 veranlasste er eine wissenschaftliche Untersuchung, die die Wirksamkeit seiner Methode belegen sollte. Diese wurde von seiner Assistentin zu Ende geführt, weil Meagher 2005 verstarb. „Mir liegen die Ergebnisse, die in dem amerikanischen ,Massage Therapy Journal‘ veröffentlicht wurden, vor. Sie zeigen u. a., dass Pferde besonders im Schritt und Trab nach einer Stresspunktmassage deutlich mehr Raumgriff zeigen. Außerdem ist ein entspannter Bewegungsablauf festzustellen. Dies wurde und wird mir noch heute von den Reitern der von mir behandelten Pferde umfangreich berichtet“, erzählt Teslau.

BUCH- & DVD-TIPP

Claus Teslau erläutert in seinem Buch „Stresspunktmassage nach Jack Meagher“ anhand zahlreicher Bilder und Skizzen alle Stresspunkte sowie deren Lage und Aufgabe. So kann auch der medizinisch nicht versierte Leser sein Pferd entsprechend behandeln. Die 144 Seiten gibt es zum Preis von 19,95 Euro (www.paul-pietsch-verlage.de). Zusätzlich ist die DVD des Experten „Muskeltherapie bei Pferden mit der Stresspunktmassage“ für 29,95 Euro im Handel erhältlich (www.paul-pietsch-verlage.de oder www.wehorse.com).

 

…lesen Sie den gesamten Artikel sowie Massagegriffe zum Nachmachen in der aktuellen Ausgabe.