Text: Julia Schay-Beneke Foto: imago sportfotodienst
Wenn das Thermometer steigt und die Luft immer schwüler wird, müssen sich Pferd und Reiter anpassen. Schatten, Wasserzufuhr und schonendes Training sollten selbstverständlich sein; eine Abkühlung mit dem Gartenschlauch bringt Erleichterung. Aber bei allem gilt:Gewusst wie!
Es war Sommer – und es war erst Mai. Nach einem gefühlt ewig langen Winter mit Schnee bis in den März hinein gingen die Temperaturen zuletzt steil nach oben: Bei über 30 Grad waren die Schwimmbäder voll und nachts wälzte man sich bei tropischer Schwüle schon genauso unruhig im Bett herum wie im Hochsommer. Wie der Mensch mit so heißen Tagen umgeht, hängt dabei normalerweise von der individuellen Hitzetoleranz ab. Während die einen mühelos Sport treiben und insgesamt erst jetzt auf Betriebstemperatur kommen, haben andere zu kämpfen. Sie verlegen alle Aktivitäten auf die frühen Morgen- oder späten Abendstunden und sind ganz allgemein im Stand-by-Modus. Das gilt auch für Reiter: Wer mit 30 Grad und mehr problemlos zurechtkommt, kommt gar nicht auf die Idee, auf sein Training zu verzichten und sein Pferd zu schonen. Aber empfinden Pferde die Hitze denn überhaupt genau wie wir oder gibt es da Unterschiede?
Fakt ist: Pferde haben im Großen und Ganzen eine relativ hohe Wärmetoleranz; als ursprüngliche Steppenbewohner waren sie häufig großer Hitze und starker Sonneneinstrahlung ausgesetzt. Allerdings gibt es Unterschiede zwischen Steppen- und unseren Freizeit- und Sportpferden. „Ein freilebendes Pferd kann mit Temperaturschwankungen gut umgehen“, bringt es Dr. Eberhard Reininger, der in Kirchdorf (Bayern) eine Pferdepraxis für Sportmedizin und Orthopädie hat, auf den Punkt. „Es muss zu jeder Zeit und bei jedem Wetter vor Räubern davonlaufen können und die Schnelligkeit über eine längere Zeit halten. Aber der Pferdesport spiegelt nun mal nicht wieder, was in der Natur abgefragt wird.“
Das heißt nicht nur, dass es Pferde gibt, die empfindlicher sind, sondern auch, dass die Anforderungen in manchen Disziplinen – vor allem Distanz- und Vielseitigkeitsreiten – den Pferden ohnehin schon viel abverlangen. „Es gibt große Unterschiede, wie gut Pferde Hitze vertragen“, erklärt die Pferdetrainerin Sandra Fencl, die bei ihrer Arbeit den Fokus auf die ganzheitliche Gesundheit des Pferdes legt. „So ist der Gebirgsequidentyp nur bedingt für die extreme Hitze gemacht. Wenn man sich die evolutionsgeschichtliche Typenlehre von Speed und Ebhardt ansieht, findet man dort auch den typischen Tundrenponytyp. Das ist der eher grobschlächtige, schwere Ponytyp, von dem viele Kaltblüter und Isländer abstammen.“ Diese Typen haben meist eine geringere Hitzetoleranz; häufig sind nordische Pferderassen – neben Isländern auch Haflinger und viele Ponyrassen – sowie Rappen, deren Fell zusätzlich Wärme anzieht, am meisten betroffen.
„Pferde, die viel Körpermasse im Verhältnis zu ihrer Körperhöhe aufweisen, sind ebenfalls weniger hitzetolerant“, fährt Sandra Fencl fort. „Der Kaltblüter wird sich also im Sommer beim Training schwerer tun als der feingliedrige Araber. Allerdings bestätigen Ausnahmen die Regel: Meinem eigenen Lusitano ist beispielsweise schneller warm als meiner eher schwer gebauten Isländerstute.“ Auch Stoffwechsel und Gesundheitszustand des Pferdes spielen dabei eine Rolle. Generell kommen junge und fitte Pferde mit Hitze sehr viel besser zurecht als alte Pferde mit langsamem Stoffwechsel, übergewichtige Pferde oder Pferde, die an EMS oder Cushing erkrankt sind. „Dies sind Sonderfälle“, warnt Dr. Reininger. „Sie sind einfach krank, und da muss man sich anpassen. Haben sie durch Cushing ein langes Fell, sollte man scheren, darf aber nicht vergessen, dass der Säureschutzmantel für Temperaturschwankungen nun wegfällt. Fällt das Thermometer innerhalb kurzer Zeit von 25 auf 10 Grad, können vor allem alte Pferde manchmal fühlig reagieren und sollten eingedeckt werden.“
… den gesamten Artikel – inklusive vieler Tipps zur Haltung, Abkühlen und dem Training – finden Sie in der Mein Pferd-Ausgabe 7/18.