Text: Jan Tönjes, Kerstin Wackermann        Foto: Adobe Stock/julia_siomuha

Unmotiviert, kraftlos, Muskeldellen oder ataktisch – PSSM2 hat viele Gesichter. Mitunter treten bei diesen Muskelkrankheiten gar keine Symptome auf, manchmal sind sie aber schwerwiegend. Viel diskutiert wird über den PSSM2-Gentest und dessen Folgen für die Zucht

Eigentlich sollte es ein nur ein kurzer Besuch zum Impfen werden, doch als Dr. Peter Richterich von der nordrhein-westfälischen Pferdepraxis Boyenstein bei seiner neuen Kundin in den Stall kommt, trifft er auf eine Pferdebesitzerin, deren Sorgen sich aktuell weniger ums Impfen drehen. Seit mehr als zwei Jahren mag ihr Wallach nicht mehr galoppieren. Durch die ganze Republik ist sie mit ihrem Pferd schon gereist und hat verschiedenste Kliniken aufgesucht. Doch auch CT, Szintigrafie und andere Diagnosemöglichkeiten brachten die Ursache nicht ans Licht. Dr. Peter Richterich ahnt nichts von der langen Odyssee, die die Pferdebesitzerin hinter sich hat. Ihm fällt beim Impfen allerdings auf, dass das Pferd vom Aussehen her typische Anzeichen von PSSM2 zeigt. „Die Oberlinie des Wallachs war nicht schön aufgebaut, außerdem hatte er Muskeldellen im Bereich des Schultergürtels. Die Muskeln an der Lende waren fester als andere Muskeleinheiten, und außerdem war im Bereich der Kruppe eine Art hohle Stelle zu erkennen“, erklärt der Tierarzt, der sich seit Jahren intensiv mit dem Thema PSSM2 auseinandersetzt. Mit den beiden Tierärztinnen Dr. Jessika Briese und Dr. Sabine König aus Berlin/Brandenburg sowie Dr. Eva-Maria Saliu, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Tierernährung an der Freien Universität Berlin, und dem Neuropathologen Prof. Thomas Bilser aus Leverkusen hat er eine Arbeitsgemeinschaft gegründet, um mehr über PSSM2 herauszufinden – denn PSSM2 ist so vielschichtig, dass noch viele Fragen im Raum stehen.

Was ist eigentlich PSSM2?

PSSM steht für Polysaccharid Speicher Myopathie, also eine fehlerhafte Einlagerung von Zucker in den Muskeln. PSSM1 tritt vor allem bei Kaltblütern und Quarter Horses auf. Durch einen Gentest kann die Krankheit erkannt und entschieden werden, ob sich die Tiere für die Zucht eignen. Während es sich bei PSSM1 um eine einzelne Krankheit handelt, werden unter dem Begriff PSSM2 verschiedenste Muskelkrankheiten zusammengefasst. Ursache für die Probleme ist bei ihnen nicht eine fehlerhafte Zuckereinlagerung, sondern ein Defekt in der Muskelstruktur (siehe Kasten Seite 48) – ein besserer Begriff wäre daher Equine Myopathie. Da der Name PSSM2 aber gängiger ist, bleibt man bei diesem Terminus. Betroffen sind alle Rassen. Aber insbesondere leicht bemuskelte, edlere und höher im Blut stehende Pferde leiden verstärkt darunter. PSSM2 wird meist in einem Alter von etwa sieben bis zehn Jahren diagnostiziert, die ersten leichten, unerklärlichen Symptome treten aber oft schon im Alter von drei bis fünf Jahren auf.

Verschiedenste Symptome

Die Symptome, die mit PSSM2 einhergehen, treten auch bei anderen Krankheiten auf. Verspannte Muskeln, Kreuzverschlag, Muskelabbau, Muskeldellen sind nur einige der typischen Kennzeichen von PSSM2. Manche Pferde werden ataktisch oder neigen zum Hahnentritt. Bei anderen treten Auffälligkeiten auf, die mit Fütterungs- oder Trainingsproblemen in Verbindung gebracht werden. Wie zum Beispiel die „Trainingsintoleranz“, die gerade bei gut gehaltenen und trainierten Pferden vorkommt. Die Tiere machen einfach nicht mehr so mit oder haben nach einer gewissen Zeit nicht mehr genügend Kraft. Ein Pferd, das optimal gefüttert und gehalten wird, zeigt unter Umständen niemals Symptome, obwohl es betroffen ist. Von seinen drei Kolleginnen der AG hat Dr. Peter Richterich zudem gelernt, dass auch Verdauungsprobleme bei PSSM2 auftreten können. „Ich habe PSSM2 vor allem mit Bewegungsstörungen kennengelernt. Die beiden Ärztinnen hatten jedoch häufiger mit vergrößerten Mägen und kolikartigen Symptomen zu tun.“ Aktuell sitzen die Tierärzte an einer Publikation, die sich den Folgen von PSSM2 auf den Magen-Darm-Trakt widmet.

Den gesamten Artikel finden Sie in der Juli-Ausgabe der Mein Pferd