Magengeschwüre und Gurtzwang gehen oft miteinander einher. Aber was von beidem war der Auslöser und was die Folge? Eine spannende, viel diskutierte Frage über das Thema, wie Gurte, Sättel oder Training den Magen beeinflussen

Pferde mit Magenproblemen zeigen oft auch Gurtzwang. Kann es sein, dass Sattelgurte so stark drücken, dass Magenprobleme die Folge sind? „Der Sattelgurt drückt auf den Magen-Meridian“, erklärt Physiotherapeutin Helle Kleven. „Ich glaube alles, was das Pferd stresst – auch Druckpunkte – löst irgendwann ein Magenproblem aus. Wenn man ein Pferd hat, das bisher keine Probleme beim Gurten gezeigt hat, und auf einmal tritt Gurtzwang auf, dann sollte man den Magen im Hinterkopf haben – und zusätzlich auch den Sattelgurt checken. Ich glaube nicht, dass der Sattelgurt direkt ein Magengeschwür auslöst.“ Dennoch ist sie der Meinung, dass durch den Stress, den eine unpassende Ausrüstung auslöst, durchaus auch Magengeschwüre entstehen können.

Auch Tierarzt Dr. Michael Paar glaubt, dass man den  Stress, den Pferde mit der Ausrüstung oder beim Reiten erleben, bezüglich der Entstehung von Magengeschwüren nicht unterschätzen darf. „Es gibt verschiedene Theorien darüber, warum Verhaltensstörungen wie Gurtzwang, Aggressivität oder Flanken beißen mit Magenproblemen in einem Zusammenhang stehen können.“ Eine Theorie beschäftigt sich mit Reflexketten und Segmentzonen, eine andere geht davon aus, dass Nervenbahnen im Körper von verschiedenen Organen und Körperregionen geteilt werden. Kommt es an der einen Stelle zu Problemen, werden entsprechend dieser Theorien auch andere Körperregionen in Mitleidenschaft gezogen. „Und dann sollten wir auch darüber nachdenken, wann Pferde in der Regel einen Gurtzwang entwickeln“, rät der Tierarzt. „Oft geschieht das während der Ausbildung, wenn die Pferde von der ganzen Situation her sowieso schon überfordert sind. Der Gurtzwang zeigt den Stress nur an, wir müssen die Ursache finden und lösen. Wir sollten uns immer hinterfragen, warum Pferde gestresst sind!“

Sattel und Gurt vom Fachmann prüfen lassen

Stress lindern und es dem Pferd so angenehm wie möglich machen, ist nun das oberste Ziel. Natürlich muss nicht nur der Gurt, sondern auch der Sattel passen. Drückt dieser, kommt es zu Verspannungen, die schmerzhaft sein können. Schmerz wirkt sich negativ auf den Magen und die Verdauung aus.  „Wenn das Pferd ein Magengeschwür hat, muss man auf jeden Fall die Sattel-Gurt-Kombination anschauen. Es braucht einen Sattelgurt, der den Druck auf den Magen vermindert.“ Besonders magenfreundlich sind dann Gurte, die bei dem jeweiligen Pferd die wenigsten Druckspitzen erzeugen (siehe auch St.GEORG 3/21 Ratgeber Sattelgurte: „Mach mir keinen Druck“). Wichtig beim Gurten: Den Gurt langsam und nicht zu fest schließen und darauf Acht geben, dass sich keine Hautfalten unter dem Gurt bilden.

Intensives Training

Manchmal ist es gar nicht der Sattel oder der Gurt, der dem Pferd beim Reiten auf den Magen drückt. Denn auch intensive Trainingseinheiten oder zu kurze Verdauungspausen vor dem Training können problematisch sein. Bei großer Anstrengung im Trab oder Galopp kann Magensäure vom hinteren Magenteil in den vorderen, säureempfindlichen Abschnitt gedrückt werden und dort die Magenschleimhaut reizen. Unangenehm werden kann es fürs Pferd auch, wenn es nicht genügend Zeit zum Verdauen hatte. „Es sollten die Hauptmahlzeiten auf keinen Fall direkt vor dem Reiten gefüttert werden, eine Wartezeit von mindestens 1,5 Std. ist immer anzuraten. Durch das Reiten mit vollem Magen und drückenden Gurten wird der Nahrungsbrei nach vorne geschoben, was zu Irritationen führen kann und das Wohlbefinden des Pferdes stark negativ beeinflusst, was dann ,auf den Magen schlägt‘“, erklärt Fütterungsexperte Otfried Lengwenat.

Hat das Pferd viel Krippenfutter bekommen, kann das bei zu kurzer Verdauungspause nicht nur zu Unwohlsein, sondern sogar zu Magengeschwüren führen. „Das ist so, als ob wir Menschen mit einem hohen Magensäurespiegel Sport treiben würden“, erklärt Dr. Michael Paar. „Das Hauptproblem ist aber, dass sich die Ruhezeiten nach dem Fressen nicht immer so in die Praxis umsetzen lassen. Geht man davon aus, dass morgens, mittags und abends gefüttert wird und ein Bereiter zehn Pferde am Tag trainieren soll, wird es schwierig, nach dem Füttern mehrere Stunden Ruhe einzuhalten, wie die Fütterungsexperten es empfehlen.“

Text: Kerstin Wackermann    Foto: Jan Tönjes

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