Text: Nicole Audrit     Foto: slawik.com

Studien zufolge hat mehr als ­jedes zweite Pferd Veränderungen an der Magenschleimhaut. Dabei sind die Pferde aus einigen Sparten häufiger als andere betroffen: Etwa 80 Prozent der Rennpferde, 60 Prozent der Dressur- und Springpferde und die Hälfte alle Freizeitpferde haben leichte bis schwere Magenschleimhautveränderungen. ­Diese Zahlen sind erschreckend, so müssten doch in dem mir bekannten Reitstall von den etwa 100 Pferden mindestens 50 Tiere unter Magengeschwüren leiden. Mir ist jedoch nur ein einziger Fall bekannt, in dem ein Pferd aufgrund dieser Erkrankung behandelt wurde. Der Grund hierfür liegt in der hohen Dunkelziffer, da nur ein Bruchteil der Pferde auffällige Symptome zeigt und so auf ein Magengeschwür hin untersucht wird. In einer Vielzahl der Fälle bleiben die Magengeschwüre unerkannt und somit auch unbehandelt. Dies liegt unter anderem an den unspezifischen Symptomen: Sowohl anhaltender Durchfall oder Kotwasser als auch wiederkehrende ­Koliken oder Unrittigkeit und Leistungsabnahme können auf ein Magengeschwür hindeuten. ­Umgangssprachlich ist meist die Rede von Magengeschwüren, allerdings muss zwischen einer Magenschleimhautentzündung, der sogenannten Gastritis, und einem tatsächlichen Magengeschwür, dem Equine Gastric Ulceration Syndrome (EGUS) unterschieden werden. Häufig entwickelt sich ein Magengeschwür aus einer unbehandelten Magenschleimhautentzündung. Im schlimmsten Fall kann es zu einem Magendurchbruch kommen, der meist eine Euthanasie des Patienten erfordert.

Ungleichgewicht im Säurehaushalt

Die Hauptrolle bei Veränderungen an der Magenschleimhaut spielt die Magensäure, die aus Salzsäure und dem eiweißverdauendem Enzym Pepsin besteht. Aufgrund der Charakteristik des Pferdes als Dauerfresser ist der Magen evolutionsbedingt auf permanente Nahrungsaufnahme ausgelegt. Daher wird auch kontinuierlich Magensäure produziert. Der Magen des Pferdes ist ein ausgeklügeltes System, dessen Schleimhäute eigentlich vor Verätzungen durch die Magensäure geschützt sind. Besteht jedoch ein Überschuss an Magensäure, so kann sich der Magen nicht mehr vor diesen Verätzungen schützen, und es kommt zu Schleimhautreizungen und zur Ausbildung von Geschwüren. Um eine Übersäuerung des Magens zu verhindern, ist eine regelmäßige und ausreichende Aufnahme von Raufutter wichtig. Entscheidend für einen gesunden Pferdemagen ist die Balance zwischen Futteraufnahme und Säureproduktion, erklärt der Tierarzt Peter Beer: „Nur durch die Kaubewegungen beim Fressen wird Speichel gebildet. Dieser ist für einen ausgeglichenen Säurehaushalt im Pferdemagen sehr wichtig, da er Puffersubstanzen enthält, die den pH-Wert der Magensäure ­anheben und so die Magenschleimhaut schützen.“ Faserreiche Futtermittel wie Heu und Stroh müssen stärker eingespeichelt werden als Kraftfutter. Daher neutralisiert faserreiches Futter die Magensäure in einem höheren Maße und nimmt zudem aufgrund seiner Struktur mehr Magensäure im Magen auf – es wirkt sozusagen wie ein Schwamm. „Da der Pferdemagen mit ungefähr 15 Litern Volumen relativ klein ist, sollte spätestens alle fünf Stunden Raufutter angeboten werden um eine Übersäuerung des Magens zu vermeiden“, erklärt Peter Beer.

 

Unser Experte: Peter Beer ist Tierarzt und Inhaber einer mobilen Pferde­praxis in Rehau (Bayern). Sein Tätigkeitsschwerpunkt ist neben der Orthopädie und Kardiologie die Diagnose und Therapie von Magenproblemen beim Pferd. Dafür bietet er auch eine Gastroskopie beim Patienten vor Ort an. www.tierarztpraxis-beer.de

…den kompletten Artikel – inklusive Fallbeispielen – lesen Sie in der Mein Pferd-Ausgabe 5/18.

 

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