Text: Aline Müller        Foto: www.Slawik.com

Ein kauendes, schäumendes Pferd gilt als lockeres, durchlässiges Pferd. Doch ist der Schaum vor dem Maul immer ein Zeichen für gutes Reiten? In jedem Fall gilt: Kauen ist nicht gleich Kauen, und Pferde sollten individuell betrachtet werden. So erkennen Sie, ob Ihr Vierbeiner wirklich entspannt und losgelassen ist

Haben Sie schon mal probiert, gleichzeitig zu atmen und zu schlucken? Während des Atmens zeigt der Kehldeckel nach oben und lehnt gegen den Zungenrücken, so kann die Luft unbehindert durch den Kehlkopf strömen. Hingegen faltet sich der Kehldeckel beim Schlucken nach hinten und verschließt dadurch den Eingang zum Kehlkopf. Die Nahrung wird auf den richtigen Weg gebracht, also durch die Speiseröhre geleitet. Gleichzeitiges Schlucken und Atmen ist aufgrund dieser Funktion des Kehldeckels nicht möglich. Das gilt auch für Pferde. Unter anderem erlaubt dieser Mechanismus eine schnelle Flucht: Bei Gefahr sind nur Atmen und Rennen lebenswichtig. Die Futteraufnahme rückt völlig in den Hintergrund. Der Kehlkopfdeckel verhindert dabei sozusagen ein Verschlucken während des Atmens.

Joggen mit Gebiss

Ein weiteres Gedankenexperiment: Stellen Sie sich vor, Sie müssen eine längere Strecke joggen und haben dabei ein Gebiss im Mund. Sie können die Lippen noch leicht schließen. Was nehmen Sie in Bezug auf Ihre Atmung und die Speichelproduktion wahr? Bei Pferden kann die Trense im Maul die Speichelproduktion anregen, was dazu führt, dass der Vierbeiner häufiger schlucken muss. Dabei soll er Leistung erbringen und ausreichend atmen, damit die Muskulatur mit Sauerstoff versorgt wird und das Herz entsprechend pumpt. Ein Gebiss kann auch die Produktion von Magensäure anregen. Der Körper erwartet, dass Futter aufgenommen wird, doch das passiert nicht. Infolgedessen kann die Magensäure die Magenwände reizen. Ein unpassendes Gebiss, ein falsches Material oder ein unsachgemäßer Einsatz können sich also nicht nur auf das Verdauungssystem des Pferdes, sondern auch auf die Atmung sowie die Leistungsfähigkeit auswirken. Es sollte zudem bedacht werden, dass jedes Pferd eine eigene Persönlichkeit hat und es auch Unterschiede hinsichtlich der Sensibilität gibt. Ein Gebiss kann bei dem einen Pferd also zu einer übermäßigen Speichelproduktion führen, während ein anderer Vierbeiner völlig zufrieden kaut und im normalen Rahmen Speichel bildet. Läuft der Speichel nur so aus dem Maul, ist das kein gutes Zeichen, sondern eher ein Hinweis auf Verspannung. Das Pferd ist nicht mehr in der Lage abzuschlucken.

Kauen, ohne nachzudenken

Die Speichelproduktion des Pferdes geschieht durch bedingte und unbedingte Reflexe. Das heißt, der Vierbeiner kann sie nicht willkürlich steuern. Dabei spielt das vegetative Nervensystem eine wichtige Rolle, das beispielsweise auch die Atmung steuert. Bestimmte Vorgänge im Körper müssen einfach automatisiert ablaufen. Stellen Sie sich vor, Sie müssten über jeden Herzschlag aktiv nachdenken oder sich darauf konzentrieren, dass Sie beim Kauen Speichel produzieren. Dann wären Sie den ganzen Tag beschäftigt. Die Natur hat es schon ganz klug eingefädelt, dass der Organismus – ob von Mensch oder Tier – einfach selbstständig funktioniert. Als in der freien Wildbahn stundenlang grasender Pflanzenfresser hat das Pferd einen großen Speichelbedarf. Schließlich muss pro Tag eine Menge rohfaserhaltiges Futter verdaulich gemacht werden, und die Verdauung beginnt eben im Maul. Dabei unterscheidet sich die Menge des Speichels von Pferd zu Pferd. Durchschnittlich werden bei einem Großpferd etwa 50 Liter in den Speicheldrüsen gebildet. Die Ohrspeicheldrüse ist die größte Speicheldrüse in der Mundhöhle des Pferdes. Sie liegt oberflächlich in der Ganasche, das heißt im Raum zwischen Unterkieferast und dem ersten Halswirbel. Der Speichel wird durch einen Ausführungsgang in die Maulhöhle geleitet. Hinzu kommen weitere Speicheldrüsen wie die Backendrüsen, die Unterkiefer- oder die Unterzungendrüse. In den Wangen und den Lippen liegen weitere kleinere Drüsen.

Den kompletten Artikel finden Sie in der aktuellen Mein Pferd- Ausgabe.