Text: Jan Tönjes        Foto: imago/Frank Sorge

Kein Gelenk ist so kompliziert aufgebaut wie das Knie. In diesem komplexen Gelenk gibt es zwischen Ober- und Unterschenkel viele Hohlräume, die selbst mithilfe der Röntgentechnik nicht gut zu durchleuchten sind. Wenn ein Problem auftaucht, wird der Tierarzt zum Detektiv.

Chico lahmt. Hinten rechts, soviel ist klar. Aber wo sitzt das Problem? Keine pochende Schwellung, kein heißerer Bereich lässt sich am Bein ausmachen und auch eine klaffenden Wunde ist nicht zu erkennen. „Es kommt irgendwie von oben“, hieß es im Stall. „Irgendwie von oben“ – was soll das sein? Die Hüfte? Der Beckenbereich? Der Rücken? Chicos Fall ist typisch, wenn es um Probleme im Knie geht. Überhaupt das Thema „Knie“ – welcher Reiter kann schon zielsicher die Position dieses Gelenks zeigen? Und diejenigen, die die Stelle etwa am Übergang des Hinterbeins zur Flanke lokalisieren können, haben nicht unbedingt vor Augen, dass mit dem Begriff „Knie“ eigentlich mehr als nur ein einziges Gelenk und damit keine klar umrissene Problemzone bezeichnet wird.

Knieprobleme: Wo liegt die Ursache?

Auf mögliche Ursachen angesprochen, sprudelt es aus Dr. Bernhard Rademacher heraus: „OCD, Knorpelschäden, Verletzungen der diversen Bänder, beispielsweise Außen-, Innen- und Kreuzbänder, Kniescheibenbänder, Meniskusprobleme, Arthrose …“ Dem Knie ist natürlich schon mehr als nur eine tiermedizinische Doktorarbeit gewidmet worden. Entsprechend viele Diagnosemöglichkeiten gibt es: Für Röntgen, Ultraschall und Szintigraphie reicht eine Sedierung aus. Für den Blick direkt ins Gelenk, die Arthroskopie, muss das Pferd immer in Vollnarkose gelegt werden.

Hangbein- oder Stützbeinlahmheit?

Als erstes schaut sich der Tierarzt den Bewegungsablauf an: Auf ebenem, festem Untergrund wird der Patient vorgetrabt. Ist es eine Hang- oder Stützbeinlahmheit? „Gerade bei Lahmheiten, die mit dem Knie zusammenhängen, ist es nicht zwangsläufig das eine oder das andere. Je nach Problemlage gehen die Patienten stärker unklar in dem Moment, in dem das Hinterbein vorschwingen soll, also in der Schwebe ist (Hangbeinlahmheit) oder wenn sie auffußen (Stützbeinlahmheit)“, erklärt Bernhard Rademacher, Fachtierazt für Pferde.

Diagnostik Kniegelenk

Eine Beugeprobe steht am Beginn der klinischen Untersuchung. Während bei Lahmheiten der Vordergliedmaßen ungefähr 80 Prozent der Probleme vom Karpalgelenk abwärts angesiedelt sind, verteilen sich Ursachen bei Hinterhandslahmheiten gleichmäßiger. Tierärzte mit Erfahrung sind gefragt, denn ob das Pferd wegen Schmerzen im Knie oder wegen Problemen am Fesselträger lahmt, kann sich im Gangbild recht ähnlich darstellen. Rademacher hat stets das gesamte Pferd im Blick. So achtet er auf die Symmetrie in der Kruppe oder auch auf die Vorderspitze der Hinterhufe. Ist die abgerieben, lässt das Rückschlüsse auf eine Schonhaltung zu – typisch bei Pferden mit einer Kniegelenksentzündung.

Vortraben auf weichem und hartem Boden

Bevor das Pferd in der Halle auf weichem Boden longiert wird, muss es auf einer engen Volte auf festem Untergrund getrabt sein. „Pferde mit Knieproblemen traben auf weichem Boden oftmals schlechter, ähnlich wie bei Fesselträgerentzündungen“, weiß der Experte. Bei bestimmten Formen der Spaterkrankung, einer anderen, häufig diagnostizierten Problematik der Hintergliedmaßen, werde die Lahmheit eher auf hartem Untergrund deutlich. Nach der Ausschlussdiagnostik, also dem systematischen Betäuben bestimmter Beinbereiche mit anschließendem erneuten Vortraben, wird der Problembereich eingekreist. Bewegt sich der Patient nach einer Anästhesie des Knies deutlich besser, geht die Feindiagnostik mit unterschiedlichen bildgebenden Möglichkeiten weiter.

…den kompletten Artikel finden Sie in der Juli-Ausgabe.