Interview: Nicole Audrit     Foto: www.Slawik.com

Die Abkürzung PSSM steht für Polysaccharid-Speicher-Myopathie. Dies ist ein Gendefekt, der zu einer degenerativen Muskelerkrankung führen kann. Zunächst wurde angenommen, dass nur Quarter Horses von diesem genetischen Defekt betroffen sind, allerdings tritt PSSM rasseübergreifend auf. PSSM äußert sich unter anderem durch Muskelabbau, -zittern und allgemeine Leistungsschwäche. Markus Rensing, Zuchtobmann der Deutschen Quarter Horse Association (www.dqha.de), klärt, was es mit dieser Erkrankung auf sich hat.

 

Was steckt hinter der Abkürzung PSSM?

PSSM steht für Polysaccharid-Speicher-Myopathie – im Englischen Polysaccharide Storage Myopathy – und ist ein Gendefekt. Dieser kann – muss aber nicht – zu einer degenerativen Muskelerkrankung führen. Zunächst wurde PSSM bei Quarter Horses festgestellt, allerdings können Vertreter vieler unterschiedlicher Rassen betroffen sein – vom Morgan Horse über den Haflinger bis zum Warmblüter. Wissenschaftlich wird zwischen zwei PSSM-Typen unterschieden. PSSM 1 kann über einen Gentest, der durch die Analyse einer Haarprobe funktioniert, nachgewiesen werden. Für die Bestimmung des selteneren Gendefekts PSSM 2 ist eine Muskelbiopsie erforderlich, um die Glykogen-Konzentration zu erfassen. Glykogen ist die Speicherform von Glucose, das als Energiedepot im Muskel eingelagert und bei gesunden Pferden bei Belastung vollständig verstoffwechselt wird. Bei Pferden mit PSSM wird zu viel Glucose in der Muskulatur eingelagert, die zudem nicht wie vorgesehen in Energie umgewandelt wird, sondern in der Muskulatur verbleibt. PSSM verursacht also eine Störung im Glucose-Speicher, sodass die Glykogen-Konzentration im Muskelgewebe von betroffenen Pferden bis zu viermal höher als bei gesunden Pferden ist und durch eine Muskelbiopsie nachgewiesen werden kann. Aus diesem Grund magern betroffene Pferde häufig trotz ausreichender Fütterung ab.

Welche Symptome deuten auf PSSM hin?

Die Symptome einer PSSM-Trägerschaft ähneln teilweise denen eines Kreuzverschlags: Steifes Gangbild, offensichtliche Anzeichen für Schmerzen, verhärtete Muskulatur im Bereich des Rückens, starkes Schwitzen und dunkel bis bräunlich verfärbter Urin. Auch Symptome, die denen einer Hufrehe oder einer Kolik ähneln, sind nicht selten. Zudem ist besonders die Muskulatur ein Anhaltspunkt für den Gendefekt: Betroffene Pferde leiden häufig unter Muskelabbau im Bereich des Rumpfs, der Schulter und des Rückens sowie unter Muskelzittern, das hauptsächlich an der Hinterhand auftritt. Die Symptome treten dabei meist in Schüben auf.

Welche Auswirkungen haben die Erkenntnisse zu dem Gendefekt PSSM für die Zucht?

Ein Gendefekt ist eine Mutation, die rezessiv oder dominant vererbt wird – PSSM wird dominant vererbt. Dies bedeutet, dass der Gendefekt bereits auftritt, wenn der Nachkomme von nur einem Elternteil ein betroffenes Allel vererbt bekommt. So entsteht aus der Verpaarung eines PSSM-Trägers mit nur einem betroffenen Allel und einem Nicht-PSSM-Träger mit einer 50-prozentigen Wahrscheinlichkeit ein PSSM-Träger. Um festzustellen, ob ein Pferd zur Zucht geeignet ist, sollte unbedingt ein Gentest durchgeführt werden. Die Quarter Horse Association ist in diesem Zusammenhang ein Vorreiter, da alle Deckhengste für den Zuchteinsatz über einen gültigen DNA-Test verfügen müssen. Bei dem sogenannten „Five-Panel-Test“ wird das Pferd mithilfe einer Haarprobe auf fünf Erbkrankheiten getestet. Pferde, die positiv auf dominante Gendefekte getestet werden, werden ausschließlich im Basiszuchtbuch aufgenommen, der Zugang zu den höheren Abschnitten des Zuchtbuches bleibt ihnen verwährt. Zudem werden die Ergebnisse des Gentests dort vermerkt, um den Züchtern ein weiteres Werkzeug für die verantwortungsvolle Zucht zu geben.

Worauf muss bei der Haltung, Fütterung und dem Training von Pferden mit PSSM geachtet werden?

Da PSSM eine genetische Veranlagung ist, kann an dieser auch durch artgerechte Haltung nichts verändert werden. Allerdings können eine artgerechte Haltung und Fütterung in Kombination mit passendem Training das Ausmaß der Symptome verringern. Grundsätzlich sollte bei betroffenen Pferden auf folgende Parameter geachtet werden: In der Fütterung sollte viel Raufutter gefüttert und auf Kraftfutter mit hohem Stärkegehalt verzichtet werden. Zudem ist regelmäßige und ausreichende Bewegung wichtig, und Stress sollte – soweit möglich – vermieden werden. Mit dem richtigen Trainings- und Fütterungsmanagement können die Symptome vermindert werden. Allerdings sind Pferde mit PSSM meist nicht mehr für den Leistungssport geeignet.