Text: Nora Dickmann        Foto: www.Slawik.com

Die sogenannte Graskrankheit ist eine meist tödlich verlaufende Pferdekrankheit, 
die selten auftritt. Bei Equine Grass Sickness handelt es sich um eine 
Erkrankung, die das zentrale Nervensystem angreift

Was ist Equine Grass Sickness?


Die Equine Grass Sickness, auch Graskrankheit genannt, ist eine neurodegenerative Erkrankung bei Pferden. In Großbritannien ist es die häufigste Todesursache von Pferden. Aber auch in Deutschland tritt die Erkrankung auf, allerdings viel seltener. Auch nach jahrzehntelanger Forschung ist nicht geklärt, was diese Erkrankung genau auslöst. Man geht jedoch davon aus, dass es sich um eine Toxikoinfektion mit Clostridium (Cl.) botulinum Typ C handelt. Dann würde es sich um eine Vergiftung (toxische Ursache) handeln. Auch wenn es sich hierbei um das gleiche Bakterium handelt, welches Botulismus auslöst, darf man die beiden Krankheiten nicht verwechseln. Ebenfalls wird weißer Klee als Auslöser vermutet, das ist aber auch nicht bestätigt. Graswachstum und Witterungsverhältnisse spielen in den meisten Fällen ebenfalls eine Rolle. Die meisten Fälle traten bisher zwischen April und Juli auf mit einem Höchststand im Mai auf. Aber auch geringe Häufungen in Herbst- und Wintermonaten sind möglich. Vor gehäuften Ausbrüchen herrschte stets kühles, trockenes Wetter bei Temperaturen zwischen sieben und elf Grad Celsius. Unabhängig von Rasse, Alter oder Geschlecht kann die Erkrankung jedes Pferd ereilen.

Welche Symptome zeigen erkrankte Pferde?


Die Krankheit wird je nach Schwere der Symptome in drei Formen unterteilt: akut, subakut und chronisch. Dabei ist es jedoch egal, um welche Form es sich handelt, denn es werden immer Teile des vegetativen Nervensystems, des Rückenmarks und des Stammhirns zerstört. So erhalten die Muskeln keine Impulse mehr, nach und nach versagen Magen, Darm, Schlund und Speiseröhre. Anzeichen des akuten und subakuten Verlaufs sind unter anderem: herabhängende Oberlider, Koliksymptome wie Flehmen, Scharren oder Wälzen. Die Bauchdecke ist gespannt, der Darm gurgelt wenig oder gar nicht. Das Pferd ist benommen und apathisch. Auch schwankt es und schwitzt auffallend viel. Erkrankt das Pferd chronisch, magert es ab. Der Bauch ist aufgezogen, die Hinterbeine sind untergestellt. Bei der akuten Form verenden Pferde innerhalb weniger Tage, bei der subakuten Form innerhalb einer Woche. Bei einer chronischen Form haben die Pferde die besten Überlebenschancen: Etwa die Hälfte der erkrankten Tiere überlebt.

Wie wird die Diagnose gestellt, und 
wie sieht die Behandlung aus? 


Leider ist eine sichere Diagnose erst nach dem Tod des Pferdes möglich. Hierzu werden Gewebeproben aus Nervenknoten und Darm mikroskopisch untersucht. Grass Sickness wird anhand von typischen Gewebeschäden diagnostiziert. In Schottland hingegen nutzen Tierärzte einen Test als Anhaltspunkt für die Diagnose bei lebenden Pferden. Der Patienten bekommt Phenylephrin-Augentropfen in 0,5-prozentiger Verdünnung in ein Auge. Ist das Pferd an der Graskrankheit erkrankt, heben sich innerhalb von einer halben Stunde die Wimpern des Oberlids im Gegensatz zum unbehandelten Auge. Entscheidend für die Überlebenschancen eines Tieres ist das Interagieren mit einem Menschen. Denn Streicheln, Abreiben und Putzen fördern das Interesse des Tieres an der Umwelt und können so den Lebenswillen stärken. Der Tierarzt leert den Magen per Magenschlundsonde. Bei der Erkrankung fließen große Mengen an flüssigem, faulig riechendem Mageninhalt ab. Außerdem verabreicht der Tierarzt Infusionen, um den Tierkörper vor dem Austrocknen zu schützen. Prokinetika aus der Humanmedizin können sich positiv auf die Magen-Darm-Tätigkeit auswirken. Ob die Behandlung sinnvoll ist, kommt auf den akuten Zustand des Pferdes an. Leidet das Tier, raten Tierärzte vermehrt davon ab. Zeigt das Tier jedoch Lebensmut, kann sich der Behandlungsversuch lohnen.

Kann man der Krankheit vorbeugen? 


Da bisher keine Ursache für die Graskrankheit gefunden wurde, ist eine Prophylaxe nahezu unmöglich. Optional können Pferde nach kaltem, trockenem Wetter mit Bodenfrost nur für ein paar Stunden auf die Koppel gestellt werden. Wenn ein Fall von Grass Sickness bekannt ist, sollten Pferde auf dieser Weide nicht länger als einen halben Tag stehen. Der britische Grass Sickness Fund arbeitet an einer Impfung gegen die Krankheit.

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