Text: Nicole Audrit       Foto: imago stock&people

Das weitverbreitete Konzept der strategischen Entwurmung mit vier Wurmkurgaben jährlich steht immer häufiger in der Kritik. Grund dafür ist die zunehmende Bildung von Resis­tenzen durch diese prophylaktische Entwurmung. Von einer Resistenz ist die Rede, wenn die Würmer sich dahingehend entwickelt haben, dass ihnen ein bestimmter Wirkstoff nichts mehr anhaben kann. Eine der möglichen Ursachen für eine Resistenzbildung sieht Dr. Anne Becher, Tierärztin und ­Expertin im Bereich der Parasitologie, in der zu häufigen Gabe von Wurmkuren ohne anschließende Wirksamkeitskontrolle. Auch der oft propagierte Wechsel der Wirkstoffe ist nur eingeschränkt hilfreich, da es aktuell nur vier Wirkstoffe auf dem Markt gibt.

Welches Konzept eignet sich?

Neben der strategischen Entwurmung gibt es noch die „Zeitgemäße (+Selektive) Entwurmung“. Bei dieser Variante wird die präventive Gabe eines Medikamentes – in diesem Fall der Wurmkur – abgelehnt und die Diagnose des tatsächlichen Wurmbefalls des Pferdes in den Vordergrund gerückt. Die prophy­laktische Medikamentengabe, wie sie bei Wurmkuren teilweise noch ­üblich ist, gibt es ansonsten nirgendwo. Sowohl im human- als auch ­veterinärmedizinischen ­Bereich wird ­darauf geachtet, möglichst ­wenig ­Medikamente zu verabreichen. Eigentlich steht immer zuerst eine Diagnose (im Bereich der Würmer also die Kotprobe) vor der Therapie (in diesem Fall einer Wurmkur) an.

Das Vorgehen bei der Zeitgemäßen (+Selektiven) Entwurmung ist Folgendes: Zunächst schickt der Pferdebesitzer eine Kotprobe an ein Labor, dort wird mittels verschiedener Methoden die Eiausscheidung untersucht. „Die Selektive Entwurmung zielt auf die Kleinen Strongyliden ab, die am häufigsten verbreitete Wurmart bei ­Pferden. Bei ihr wird unter anderem mit dem ­McMaster-Verfahren gearbeitet“, erklärt Dr. Anne Becher. Bei dieser viel verwendeten ­Methode wird die genaue ­Ei­ausscheidung des Pferdes mittels einer quantitativen ­Zählung durch die Einheit „Eier pro Gramm Kot“ (EpG) dargestellt. Zu Beginn der ­Selektiven Entwurmung sollten von ­allen Pferden vier Kotproben im Laufe der ­Weidesaison untersucht werden, ­an­schließend kann diese Anzahl gegebenenfalls ­verringert werden. Mittels des EpG-­Wertes wird das Pferde in eine von drei Kategorien – niedriger (­unter 200 EpG), schwankender oder hoher Eiausscheider (über 200 EpG) – eingeteilt. Generell gilt 200 EpG als Grenzwert, bei einer höheren Eiausscheidung wird eine Entwurmung empfohlen. Ein Großteil der Pferde gehört zu den niedrigen ­Eiausscheidern, sodass häufig keine Wurmkur notwendig ist. Das Ziel der Selektiven ­Ent­wurmung ist dabei nicht, einen wurmfreien Pferde­bestand zu erhalten. Vielmehr soll der ­Infektionsdruck verringert ­sowie die Entwicklung von ­Resistenzen verlangsamt und so die Effizienz der aktuellen Wirkstoffe ­länger erhalten werden.

… den kompletten Artikel inklusive einer beispielhaften Auswertung einer Kotprobe finden Sie in der aktuellen Ausgabe.

Unsere Expertin: Dr. med. vet. Anne Becher befasst sich seit über zehn Jahren mit der Entwurmung von Pferden. Sie hat am Lehrstuhl für Vergleichende Tropenmedizin und Parasitologie zu diesem Thema geforscht und zahlreiche Artikel veröffentlicht. Momentan ist sie die Fortbildungsbeauftragte in der Arbeitsgemeinschaft Zeitgemäße (+Selektive) Entwurmung e. V. und vermittelt Pferdebesitzern Wissen über Kotprobe und Wurmkur. www.entwurmungpferd.de