Text: Inga Dora Meyer        Foto: Slawik

Ein Pferd läuft in freier Wildbahn die meiste Zeit im gemäßigten Tempo geradeaus, ohne dabei ein Gewicht tragen zu müssen. Dafür ist der Pferdekörper perfekt konzipiert. Muss es doch einmal eine enge Wendung gehen, dann lehnt es sich ähnlich schräg in die Kurve wie ein Motorrad­fahrer. Diese Bewegungen sind nur natürlich und stellen kein Problem dar, wenn das Pferd in der Natur mal abwendet. Wird es aber mit einem Reitergewicht belastet oder soll es ­dauerhaft auf einer Kreislinie laufen, wie es an der Longe der Fall ist, führt diese Laufmanier zu Problemen. „Weil wir das Pferd als Reitpferd nutzen, setzen wir seinen Körper einer großen Belastung aus“, sagt Trainerin Babette Teschen aus Lüneburg (Niedersachsen). Läuft der Vierbeiner unter dem Reiter weiter in seiner natürlichen Art und Weise, ist die Gefahr groß, dass er dabei Schaden nimmt.

Probleme durch falsches Laufen

Besonders starke Schädigungen werden durch Wendungen verursacht, wenn das Pferd nicht gelernt hat, diese in einer gesunden Lauf­manier zu absolvieren. Von Natur aus trägt es seinen Kopf auf gebogenen Linien nämlich sehr hoch, stellt ihn gegen die Bewegungsrichtung – d.h. nach außen –, nutzt seinen angespannten Hals als Balancierstange und kippt schräg mit dem Körper in die Wendung hinein. Die Beine verlaufen durch die Schräglage schief zum Boden. Durch diese Schiefhaltung wiederum fußen die Hufe nicht plan und gleichmäßig auf. Das Pferd setzt zuerst mit der Hufkante auf, um dann auf den ganzen Huf zu kippen. Die Außenstellung fixiert zudem die innere Schulter des Pferdes am Boden. Der gesamte Pferdekörper dreht sich dabei um das innere Vorderbein, wodurch es zu schädlichen Rotationskräften im Bein und Gelenk kommt.

Da sich die Schulter nicht frei bewegen kann, führt das Vorderbein nur noch eine verkürzte Bewegung aus. Das Pferd ist nicht mehr in der Lage, weiche, freie Bewegungen zu zeigen, sondern kann nur noch ungefedert, hart und damit gesundheitsschädigend auffußen. In der Folge dieses Bewegungsmusters schert die Hinterhand aus der gebogenen Linie aus. Solange die Hinterhand aber nicht der Linie der Vorhand folgt, also am Pferdekörper vorbeiläuft, kann sich die Hüfte nicht absenken und die Hinterbeine keine Last aufnehmen. In dem Fall wird auch der Rücken des Pferdes nicht von der Kruppenmuskulatur angehoben und kann nicht nach oben schwingen.

„Unter einer solch falschen Laufmanier leidet es körperlich und seelisch. Sie führt zu Verspannungen, Stress und Schmerzen und zu einer Fehlbelastung des Körpers. Das Pferd zeigt keine ungebundenen (freien) Gänge und kommt zu stark auf die Vorhand. Die Muskulatur kann nicht mehr locker arbeiten, und so fehlt ihre Schutzfunktion für den gesamten Bewegungsapparat. Sehnen, Bänder und Gelenke werden überlastet. Es drohen Erkrankungen wie Sehnen- und Bänderschäden, Hufrolle, Gelenksentzündungen und Arthrosen“, weiß Teschen. Im schlimmsten Fall steht am Ende einer jahrelangen falschen Lauf­manier die Diagnose „Kissing Spines“. Dabei stehen die Dornfortsätze der Rückenwirbel so nahe aneinander, dass sie sich bei Bewegung berühren und sich durch die Reibung schmerzhaft entzünden. Erkrankte Tiere sind oft nur noch bedingt oder gar nicht mehr reitbar.

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