Text: Aline Müller      Foto: www.Slawik.com

Angst, Widersetzlichkeit oder mangelnde Durchlässigkeit – die Ursachen für Rittigkeitsprobleme zu finden ist nicht immer einfach. Naturheilkundliche Ansätze können dabei helfen und diese beheben. Was zunächst ungewöhnlich klingt, macht durchaus Sinn. Warum, erklärt Tierheilpraktikerin Anna-Lea Thun.

Die Heilkraft der Natur ist eigentlich schon seit Jahrtausenden bekannt. Dennoch wird sie oft als Mittel zweiter Wahl der Schulmedizin hintenangestellt. Dabei bietet sie viele Möglichkeiten und Verfahren, nicht nur Menschen, sondern auch Tiere zu unterstützen und gesund zu erhalten. Dazu gehören zum Beispiel Homoöopathie, Akupunktur, Schüßler Salze und Bachblüten. Im Zentrum des Interesses und der Untersuchung stehen der körperliche und seelische Zustand des Pferdes, ebenso wie die Haltung. So kann die Ursache des Leidens erkannt und behandelt werden. Emotionale Probleme können verbessert und schulmedizinische Therapien unterstützt werden. Dass sich Körper und Psyche wechselseitig beeinflussen ist in der Humanmedizin längst belegt. Immer mehr Menschen schwören deshalb auf einen ganzheitlichen Behandlungsansatz, bei dem alle Faktoren mit einbezogen werden. So können zum Beispiel Rücken- oder Nackenschmerzen auf psychischen Stress und Anspannung zurückzuführen sein. Eine Therapie mit Schmerzmitteln würde nur die Symptome behandeln, jedoch nicht die Ursache. Hinzu kommt, dass Medikamente nicht selten mit einer Vielzahl von Nebenwirkungen einhergehen. In der Tiermedizin wird dem ganzheitlichen Ansatz häufig noch zu wenig Beachtung geschenkt. Doch wer sich intensiver mit der Psyche des Pferdes beschäftigt, wird feststellen, dass sich auch hier Stress, Angst und Co. in körperlichen Symptomen manifestieren können. Und dazu gehören eben auch Rittigkeitsprobleme.

Vielfältige Ursachen

Reitpferde sind nicht nur im Sport, sondern auch als Freizeitpartner hohen körperlichen Belastungen ausgesetzt. Ähnlich wie menschliche Athleten leiden auch sie an Beschwerden, die den Bewegungsapparat betreffen, bedingt durch intensives oder gar falsches Training. Rittigkeitsprobleme wie eine mangelnde Durchlässigkeit, Anspannung, Verwerfen, Verweigern, Kopfschlagen oder falsches Angaloppieren werden häufig auf Arbeitsunwilligkeit zurückgeführt. Jedoch wird dieses Verhalten nicht selten durch Verspannungen oder Blockaden verursacht. Selbst wenn bestimmte Bewegungseinschränkungen noch keine schulmedizinische Behandlungsindikation darstellen, leidet das Pferd unter Schmerzen, und es ist nicht mehr in der Lage, eine gewisse Leistung zu erbringen. Doch Probleme mit der Rittigkeit haben eben nicht nur körperliche Ursachen. Auch die Psyche spielt eine entscheidende Rolle. „In der Naturheilkunde ist es von großer Wichtigkeit, dass der Patient ganzheitlich betrachtet wird“, erklärt die Tierheilpraktikerin Anna-Lea Thun. „Das bedeutet, dass sowohl die körperliche Konstitution die seelische Verfassung, aber auch die Haltungsbedingungen genau angesehen werden. Zuallererst muss der sogenannte Stressfaktor ausfindig gemacht werden, anschließend hat man durch die Naturheilkunde ein breites Spektrum zur Hand, welches die Selbstheilungskräfte des Pferdes unterstützt und sich harmonisierend auf den Körper und die Seele auswirkt.“ Von der Akupunktur über Bachblüten bis natürlich zur Homöopathie werde hier ein passender Behandlungsplan, individuell abgestimmt auf den Patienten, erstellt. Bei der Anamnese betrachtet unsere Expertin zudem auch Ausrüstung und Fütterung des Pferdes. Sie betont: „Aus Erfahrung sind es manchmal nur Kleinigkeiten, die hier zu einer großen Veränderung führen.“

Hand in Hand helfen und heilen

Denken Sie noch einmal an das Beispiel der stressbedingten Rückenschmerzen beim Menschen: Eine optimale Heilung und ein langanhaltender Therapieerfolg beruhen in diesem Fall auf mehreren Säulen. Die Symptome (wie Schmerzen oder  Bewegungseinschränkungen) können zunächst akut durch Medikamente oder bestimmte Therapien gelindert werden. Hier bietet auch die Naturheilkunde diverse Möglichkeiten von Akupunktur bis Homöopathie. Es muss allerdings auch die Ursache der Beschwerden gefunden und behoben werden. Oft ist dazu eine Veränderung der Lebensgewohnheiten nötig. Weniger Stress, mehr Bewegung, gezielter Muskelaufbau und eine gesunde Ernährung tragen zur Gesundung bei. Übertragen Sie diesen Fall nun auf Ihr Pferd: Bei Rittigkeitsproblemen und Schmerzen können Medikamente zwar die Symptome lindern, jedoch die Ursache nicht nachhaltig behoben. Eine Zusammenarbeit von Fachleuten wie Tierärzten, Tierheilpraktikern, Osteopathen, Physiotherapeuten und Trainern ist die beste Grundlage für einen nachhaltigen Therapieerfolg. Dazu gehört immer auch die Bereitschaft des Besitzers, bisherige Haltungs- und Trainingsbedingungen zu überdenken und zu verändern.

…die gesamte Titelstory lesen Sie in der aktuellen Mein Pferd-Ausgabe (12/2018).