Text: Aline Müller         Foto: www.Slawik.com

Die richtige Lage des Beines hat einen enormen Einfluss auf die Hilfengebung. Dabei kommt es nicht nur darauf an, den Unterschenkel in der korrekten Position, sondern auch entsprechend ruhig zu halten. So können Sie Ihren Sitz, Ihr Reitgefühl und die Harmonie mit Ihrem Pferd verbessern

Reiten in Harmonie ist dann möglich, wenn sich zwei Körper aufeinander einlassen und nicht gegeneinander arbeiten. In unserem Alltag sind unsere Füße und Beine ständig in Bewegung. Sie tragen uns durchs Leben und sind dafür gemacht, nicht stillzustehen. Auf ihnen lastet eine Menge Druck und Gewicht. Nur selten nehmen wir uns Zeit, uns den Muskeln von der Hüfte abwärts zu widmen, sie zu lockern und entsprechend zu stärken. Während sich Haltungsfehler und andere Probleme im Bereich des Nackens oder Rückens eher durch Schmerzen bemerkbar machen und wir dagegenwirken, schenken wir den Beinen weniger Aufmerksamkeit. Im Sattel wünschen wir uns dann jedoch ein ruhiges, locker anliegendes Bein und eine lockere Hüfte, aus der heraus wir entsprechend feine Hilfen geben können. Dann wundern wir uns, warum der Wunsch nach dem perfekten Sitz einfach nicht mit der Realität übereinstimmt.

Knackpunkt Trab

„Es kann doch nicht so schwer sein“, die- sen Gedanken kennt auch Julia Jentschek. Die 24-jährige Studentin hat eine Reitbeteiligung an einem 1,78 Meter großen Dressurpferd. Willow ist bis zur Klasse M ausgebildet und bringt einiges an Schwung mit. Vor einem Jahr lernt Julia den Wallach kennen und bekommt von dessen Besitzerin die Chance, weiter im Dressursport gefördert zu werden. Zweimal wöchentlich nimmt die junge Reiterin Unterricht. Von Anfang an sind die unruhigen Schenkel ein Punkt, an dem Julia arbeiten muss: „Im Schritt konnte ich mich noch gut auf Willows Bewegungen einlassen, und auch der Galopp fiel mir nicht so schwer. Aber im Trab verkrampfte ich regelrecht und konnte mein Bein gar nicht mehr locker aus der Hüfte heraus fallen lassen.“ Je mehr sie sich auf ihre Unterschenkel konzentriert, desto schwieriger wird es. „Nach der Reitstunde hatte ich ständig Muskelkater und teilweise sogar Schmerzen in den Beinen, aber auch im Bauch und im unteren Rücken“, erinnert sich Julia. Während sie im Galopp sogar schon fliegende Wechsel reitet, ist im Trab Basisarbeit angesagt. „Wie soll ich eine Traversale reiten, wenn ich mein Bein nicht kontrollieren kann?“, gibt die junge Reiterin zu bedenken und fügt hinzu: „Obwohl Willow sehr gut ausgebildet ist, verzeiht er nicht gleich jeden Fehler. Das ist auch gut so, denn nur so lerne ich. Zudem ist er ein echtes Sensibelchen, und meine unruhigen Schenkel haben ihn immer wieder irritiert.“

Longe als Hilfsmittel

Julias Reitlehrerin erkennt das Problem und bietet ihrer Schülerin Sitzübungen an der Longe an. Zunächst auf einem erfahrenen Lehrpferd mit weniger Schwung als Willow. Ohne Steigbügel reitet Julia Trab-Schritt- und Trab-Galopp-Übergänge. Im Schritt kreist sie mit den Armen und den Füßen, lockert den Oberkörper und die Beine. Mit den Händen an den Hüften und einem locker herabhängenden Bein kann sie sich auf ihren eigenen Körper konzentrieren und loslassen lernen. Das Treiben übernimmt Julias Trainerin. Nach und nach spürt die junge Reiterin die Bewegungen des Pferdes immer deutlicher und ist in der Lage, sich darauf einzulassen. „Es war, als wäre ein Knoten geplatzt. Plötzlich habe ich ein ganz neues Körpergefühl und damit auch ein anderes Bewusstsein für die Bewegungen von mir und meinem Pferd bekommen. Da ist mir zum ersten Mal klar geworden, dass ich meine Beine nicht mit Zwang in der richtigen Position halten darf, sondern dass es auf den gesamten Sitz ankommt.“

Was Julia beschreibt, ist ein wichtiger Faktor: Die Beine gehören zum Körper und dürfen nicht getrennt davon betrachtet werden. Es kommt also immer auf das Gesamtbild an. Mehrere Beispiele: Ein Reiter, der mit dem Oberkörper nach vorne fällt, wird seine Beine nicht in der korrekten Position halten können, schließlich ist er nicht mehr im Lot. Wer Schwierigkeiten hat, mit der Mittelpositur mitzuschwingen, blockiert den Schwung des Pferdes und kann den Unterschenkel nicht mehr locker am Pferd lassen. Drückt der Reiter den Absatz herunter oder zieht er diesen hoch, ist die Muskulatur im Bein so unter Spannung, dass eine einfühlsame Hilfengebung nicht mehr möglich ist. Schaut der Reiter mit dem Kopf nach unten, beeinflusst auch das den gesamten Sitz, inklusive der Schenkelhilfen.

Den gesamten Text finden Sie in der aktuellen Mein Pferd- Ausgabe.