Text: Nicole Audrit     Foto: www.Slawik.com

Eins, zwei, eins, zwei – dies ist der Rhythmus des Trabs, bei dem sich die Vorwärtsbewegung eines diagonalen Beinpaares mit einer Schwebephase abwechselt. Somit ist der Trab eine schwungvolle Bewegung im Zweitakt. Sowohl in der Lösungs- als auch der Arbeitsphase wird häufig der Arbeitstrab verwendet – weitere Tempi sind der Mitteltrab, der versammelte und starke Trab. Dabei unterscheiden sich die Trabtempi hauptsächlich in der Tritt­länge und dem Ausdruck, weniger in der tatsächlichen Geschwindigkeit.

Insgesamt ist Trab die natürlichste Gangart des Pferdes und wird oft zur Fortbewegung verwendet. Der Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus (DVZ) im Trab sorgt dafür, dass sich das Pferd energiesparend bewegen kann – daher legen Distanzreiter häufig lange Strecken im Trab zurück. Bei dem DVZ geschieht abwechselnd ein Zusammenziehen und Dehnen der Muskeln, Sehnen, Faszien und Bänder des Pferdes. Dabei wird in diesen Strukturen beim Auffußen Energie gespeichert, die beim Abfußen wieder freigegeben wird. Ein Nachteil des DVZs ist allerdings, dass die Muskulatur dadurch im Trab wenig trainiert wird. Um diesem entgegenzuwirken, kann der Reiter das Tempo verringern – ohne dass das Pferd dabei zu langsam wird – und eine leichte Versammlung abrufen. Zum besseren Verständnis des DVZ können Sie folgende Übung ausprobieren: Machen Sie zunächst zehn Kniebeugen in relativ schnellem Tempo – dies wird den meisten leicht fallen. Nun machen Sie die zehn Kniebeugen betont langsam und werden den Unterschied sicher direkt bemerken. Der DVZ und die Übung mit den Kniebeugen verdeutlichen, warum versammeltes Traben – sowie Piaffieren oder Passagen – die meiste Energie kosten.

Das fehlende Schlüsselbein

Bevor es an die Beurteilung der Qualität des Trabs oder dessen Verbesserung geht, ist es elementar, über die Anatomie und die biomechanischen Abläufe im Körper des Pferdes Bescheid zu wissen. Nur so ist es möglich, potenzielle Schwachstellen im Bewegungsablauf im Trab zu kennen, die Ursache zu erkennen und zu beseitigen. Allein aufgrund der Anatomie des Pferdes verteilt sich mehr Gewicht auf die Vor- als auf die Hinterhand des Pferdes. Daher ist eins der Ziele beim Reiten, die vermehrte Lastaufnahme auf der Hinterhand zu erreichen und Vorhandlastigkeit zu vermeiden.

„Der Trab beginnt – aus dem Stand betrachtet – mit einer Schubphase, in der sich das Hinterbein streckt und dadurch vom Boden abstößt. Zeitgleich senkt sich das Becken auf der Seite des abschiebenden Hinterbeins, sodass die Schubkräfte über die Lendenwirbelsäule bis hin zum Schultergürtel gelangen“, erklärt Angela Lohmann, Trainerin für „Biomechanisch Korrektes Reiten“ (BKR). Und genau in diesem anatomischen Bereich begründet sich auch die angeborene, leichte Vorhandlastigkeit der Gangart Trab, erklärt die Trainerin: „Da ein Pferd kein Schlüsselbein besitzt, muss die ­Thoraxschlinge, eine anatomische Konstruktion aus Muskeln, Sehnen und Bändern, in der der Schultergürtel hängt, die Schubkraft und den Schwung aus der Hinterhand auffangen und in das vordere Bewegungszentrum weiterzuleiten.“ Bereits ohne das zusätzliche Gewicht des Reiters und des Equipments ist dies jedoch eine relativ instabile Struktur. Nur durch richtiges Training lässt sich das vordere Bewegungszentrum stabilisieren, um die Funktionalität der Muskeln und Faszienketten zu optimieren, sodass wenig aktive Kraft notwendig ist, um den Schub aus der Hinterhand auszunutzen. Im Trab kommen somit die Kraft und der Schub zum größten Teil aus der Hinterhand. Trotzdem wird die Hinterhand fälschlicherweise häufig vernachlässigt und der Fokus vermehrt auf die Aktivität der Vorderbeine gelegt. Neben der Thoraxschlinge kommt auch dem Becken eine große Rolle im biomechanischen Bewegungsablauf des Trabs zu, erklärt Angela Lohmann: „Nur durch die Rotation des Beckens wird die schwungvolle Vorwärtsbewegung der Hinterbeine bis ­unter den Schwerpunkt überhaupt möglich. Ist diese eingeschränkt, kann das Pferd nicht unter den Schwerpunkt treten und der Gang wirkt abgehackt.“

…den gesamten Artikel lesen Sie im Thema des Monats der Ausgabe 1/2019.