Text: Aline Müller               Foto: www.Slawik.com

Korrekt gerittene Verstärkungen sind nicht nur beeindruckend für Zuschauer, sondern fühlen sich für den Reiter auch besonders an. Er bildet eine Einheit mit seinem Pferd, behält aber trotzdem die Kontrolle. So gelingen Mitteltrab und Mittelgalopp

Ein brauner Wallach schwebt regelrecht im Mitteltrab über das Viereck. Seine zwei weißen Vorderbeine gleiten durch die Luft, und auch seine aktive Hinterhand beeindruckt. Das Ganze sieht so mühelos aus, dass die Zuschauer am Rand ins Staunen kommen. Nach der Diagonalen fängt die Reiterin ihr Pferd mit feinen Hilfen ab, um nach ein paar versammelten Trabtritten leichtzutraben und die Zügel aus der Hand kauen zu lassen. Sie lobt ihren Wallach und beendet das Training „Da hätte sie aber ruhig noch weiter reiten können. Der schafft doch bestimmt mehr als eine Diagonale“, sagt ein Mann, der sich kopfschüttelnd einer anderen Reiterin zuwendet, die ebenfalls an Verstärkungen arbeitet. Sie hat sich die langen Seiten ausgesucht: Runde für Runde legt sie im Galopp zu. Ihre Stute schwitzt schon sichtlich, doch die Reiterin will unbedingt noch die eine gute Verstärkung schaffen. Dabei verliert sie aus den Augen, dass ein gewisser Punkt schon längst überschritten ist und ihr Pferd trotz mangelnder Kraft versucht, das Beste zu geben.

Eine Frage des Trainings

Auch wenn moderne Sportpferde heute ein immer größer werdendes Potenzial an Bewegungen mitbringen, heißt das nicht, dass sie den Mitteltrab oder starken Trab einfach so beherrschen und keine weitere Ausbildung mehr nötig ist. Ganz im Gegenteil: Genau hier liegt die Gefahr, sich auf das Potenzial des Pferdes zu verlassen. Nicht selten sieht man Reiter, die eine lange Seite oder Diagonale „Gas geben“ und einfach vorwärts reiten – schließlich schmeißt ihr Pferd so eindrucksvoll die Beine. Doch korrekte Verstärkungen werden mit der Zeit erritten. Zum einen entwickelt das Pferd durch ein entsprechendes Training Muskulatur, Balance, Kraft und Konzentration. Zum anderen wird der Reiter durch Übung in der Lage sein, das richtige Maß für die jeweilige Verstärkung einschätzen und diese auch sitzen zu können. Das ist unabhängig vom Talent des Pferdes immer wichtig. Denn die genetischen Veranlagungen bedeuten noch nicht, dass der Vierbeiner auch alle Lektionen beherrscht, ständig Leistung erbringen kann und nicht müde wird. Schließlich würde man auch nie einen schnellen Läufer ohne Training einfach so einen Marathon laufen lassen.

Der Takt als Maßstab

Als Vorbereitung für die Verstärkungen können Tempounterschiede innerhalb einer und zwischen den Gangarten schon mit jungen Pferden geritten werden. Dazu wird das Tempo nach relativ kurzer Zeit variiert. Beispielsweise durch Tritte beziehungsweise Sprünge verlängern und wieder verkürzen im Trab beziehungsweise im Galopp. Je nachdem, wie gut sich Reiter und Pferd schon gemeinsam in Balance befinden, ist mehr oder weniger möglich. Dabei sind Takt und Losgelassenheit wichtige Maßstäbe, die Aufschluss darüber geben, ob die Intensität und Dauer des Zulegens passend ist oder nicht. Das Pferd darf nicht mit dem Tempo überfallen werden, überfordert sein, eilig werden oder sich verkrampfen und den Takt verlieren. Ein anderer Fehler, der zu vermeiden ist, ist, dass das Pferd hinten breit und gegebenenfalls deutlich schief wird. Ihm fehlen dann in der Regel Kraft und Gleichgewicht, um die Verstärkung auszuführen. Im Zweifelsfall sollten Sie lieber etwas unter dem Limit bleiben und nicht einfach über Probleme hinwegreiten. Es bringt nichts, das Sie Ihr Pferd beispielsweise durch den Mitteltrab quetschen und Taktfehler ignorieren. Sie werden durch Wiederholungen nicht besser. Vielmehr besteht die Gefahr, dass sich Fehler etablieren. Aus diesem Grund müssen Sie als Reiter aufmerksam bleiben und das Training individuell je nach Pferd und Tagesform gestalten.

Den gesamten Artikel finden Sie in der neuen Mai- Ausgabe der Mein Pferd.