Text: Sophia Arnold              Foto: Pferdefotografie Lafrentz

Es gibt wohl kaum eine Lektion in der Reiterei, die so spaltet wie das Kurzkehrt. Theoretisch ist sie leicht, doch korrekt ausgeführt verlangt sie Aufmerksamkeit, Konzentration und eine genaue Hilfengebung

Der Übergang von Klasse A zu L ist ein großer Schritt. Neben dem Arbeitstrab wird nun auch Versammlung abgefragt, und verschiedene Lektionen wie der Außengalopp oder die Kurzkehrtwendung kommen hinzu. Bei dieser Wendung handelt es sich um eine versammelnde Lektion, die eine gute Längsbiegung voraussetzt. Die Wendung im Kurzkehrt wird immer aus der Bewegung heraus geritten, wobei sich die Vorhand um die Hinterhand bewegt. Die Hinterbeine bleiben aber nicht fest auf dem Boden, sondern treten aktiv mit, ohne sich zu kreuzen. Gleichzeitig wird das Pferd in Bewegungsrichtung gestellt und gebogen, im Abschluss wird das Kurzkehrt in die Vorwärtsbewegung beendet. Diese Übung dehnt die jeweils äußere Seite des Pferdes, fordert eine gute Durchlässigkeit, und die Tragkraft und Gleichgewicht werden gefordert. Sowohl für das Pferd als auch für den Reiter ist also eine Menge zu beachten.

Die Voraussetzungen

Pferdewirtschaftsmeisterin Gesa von Hatten kennt die Schwierigkeiten der Lektion: „Die Durchlässigkeit ist für die Versammlung und auch für das Kurzkehrt Grundvoraussetzung. Wenn ich mein Pferd in der Versammlung nicht durchlässig habe, wird es unheimlich schwierig. Hinzu kommt, dass die Reiter in der Lektion selbst ihre Pferde durchlässig halten müssen, da sich sonst schnell viele Baustellen auftun.“ Befindet sich ein Pferd-Reiter-Team also auf dem Sprung in die Klasse L, wird zunächst im Trab und Galopp an der Versammlung gearbeitet. Je selbstverständlicher die Versammlung in den schwungvollen Gangarten wird, desto leichter ist sie auch im Schritt zu erreichen. Das Pferd muss auch im versammelten Schritt taktrein schreiten und vermehrt Last auf die Hinterhand aufnehmen. Dazu gehört auch, dass der Reiter sein Pferd geraderichtet. „Die Vorhand muss auf die Hinterhand eingestellt werden. Sonst schiebt sich das Pferd im Kurzkehrt auf der hohlen Seite über die äußere Schulter weg und geht mit der Hinterhand voraus anstatt mit der Vorhand. Auf der festen Seite wird die Längsbiegung zum Problem“, erklärt die Expertin. Wird die Skala der Ausbildung komplett erfüllt, sind einige Schwierigkeiten so von Anfang an ausgeschlossen.

Die richtige Koordination

Die Hilfengebung im Kurzkehrt ist komplex. In einer kurzen Abfolge muss der innere Gesäßknochen vermehrt belastet werden, bevor der innere Zügel die Wendung einleitet und leicht seitwärts weisen darf. Der innere Schenkel liegt treibend am Gurt, der äußere verwahrend kurz dahinter. Der äußere Zügel begrenzt die Biegung, die durch die Schenkelhilfen eingefordert wird. Gleichzeitig muss er aber auch nachgeben, sodass das Pferd sich in der Wendung bewegen kann. Gesa von Hatten erkennt bei ihren Schülern häufig, dass die Hilfen alle gleichzeitig und wie eine Art Dauerreiz eingesetzt werden. „Wenn zum Beispiel ausreichend Stellung vorherrscht, muss das Pferd nicht noch mehr gestellt werden. Diese Reizüberflutung der andauernden Hilfe überfordert viele Pferde, und die Kurzkehrt-Wendung scheitert“, so die selbstständige Reitlehrerin. Damit es nicht zu diesen Problemen und dem Überdenken der Übung kommt, empfiehlt die Expertin, die Schwierigkeiten im Kurzkehrt zu analysieren. „Wenn die Längsbiegung das Problem ist, wird diese nicht in der Lektion selbst bearbeitet, sondern mit Biegearbeit“, erklärt sie. Die Pferdewirtschaftsmeisterin aus Mechernich sieht hier auch die Ausbilder in der Pflicht: „Wir als Trainer müssen erkennen, was das gute Kurzkehrt verhindert. Auch wenn viele Reiter das häufig nicht hören wollen, muss man oft erst einen Schritt zurückgehen, damit die Lektion dann gelingt.“

Mehr Informationen zum Thema „Kurzkehrt“ finden Sie in der aktuellen Mein Pferd- Ausgabe.