Ganz auf Autopilot gestellt gehen wir Reiter auf die linke Seite unseres Pferdes, stecken den linken Fuß in den linken Steigbügel und schwingen uns so in den Sattel. Die Antwort auf die Frage, wieso wir von der linken Seite aufsteigen und nicht von der rechten, findet ihren Ursprung in der Geschichte der Kavallerie, wie uns der 1. Vorsitzende des Deutschen Kavallerieverbandes Peter Lachenmayer erklärt
Interview: Jessica Classen; Foto: Slawik

Wie ist der historische Hintergrund?
Das Aufsteigen von links hat historisch rein praktische Gründe und kommt aus dem militärischen Gebrauchsreiten. Der Ursprung ist dabei mindestens im Altertum zu suchen. Man ritt einhändig, denn die Rechte brauchte man frei für den Gebrauch von Waffen wie Säbel, Schwert, Lanze oder Pistolen. Deshalb wurden die Zügel links geführt. Und wenn man die Zügel links hält, steigt man leichter links auf, da man nicht umgreifen muss. Schwert oder Säbel wurden am Mann links getragen und auch die teilweise sehr langen und schweren Schilde trug man am linken Arm. Es ist leicht verständlich, dass man mit solcher Ausrüstung von links aufsteigt und nicht von rechts. Dabei musste zusätzlich das Aufsteigen ohne Steigbügel beherrscht werden. Erst seit der Spätantike gab es Steigbügel, aber auch danach wurde dies bis in die Zeiten der modernen Kavallerie eingeübt, denn das Aufsteigen ohne Steigbügel bedeutete einen Zeitvorteil. Lanzenreiter benutzten dazu auch ihre Lanze, um sich in den Sattel zu schwingen.

Was hat die Einheitlichkeit im Militär mit dem Aufsteigen zu tun?
Die Kavallerie umfasste Pferdezahlen, von denen man heute keine richtige Vorstellung mehr hat. Ein Regiment beispielsweise hatte zwischen 400 und 600 Reiter. Attacken wurden bis ins 19. Jahrhundert mit mehreren Tausend Reitern geritten. Die kleinste taktische Einheit war die Eskadron, die 100 Pferde umfasste und die in enger Formation Bügel an Bügel stand. Um in engem Raum zeitsparend ab- und aufsitzen zu können, und dabei die Formation nicht aufzulösen, musste einheitlich auf und abgesessen werden. Dafür gab es eigene Kommandos und sogar eigene Trompetensignale. Stand man in Linie zu einem Glied, zog jeder zweite Reiter eine Pferdelänge vor und damit hatte jeder Reiter genügend Raum zum Absitzen. Aufsitzen ging dann ebenso, nur umgekehrt.

Sollte man rechts und links zum Aufsteigen abwechseln?
Heutzutage reitet man ja in der Regel im Sport und in der Freizeit zweihändig und ohne behindernde Ausrüstungen. Von daher gibt es eigentlich keinen praktischen Grund, als Einzelreiter nicht auch rechts aufzusteigen. Ich persönlich sehe allerdings keinen stichhaltigen Grund, hier systematisch zu wechseln. Sinnvoll halte ich allerdings schon das Üben des Auf- und Absitzens ohne Bügel. Für den Reiter ist dies zumindest ein sinnvoller Fitnesstest.