Text: Aline Müller        Foto: Horst Streitferdt

Konzentration, Körpergefühl, Selbstbewusstsein und Gesundheit – all das fördert die Arbeit an der Hand. Ob Jungspund, Dressurprofi oder Korrekturpferd, die Ausbilderin Kathrin Roida stellt Ihnen Übungen vor, mit denen Sie Ihr Pferd gezielt stärken und gymnastizieren können. Dabei werden die Lektionen auch aus osteopathischer Sicht erklärt

Seit gut zehn Jahren betreibt Kathrin Roida einen kleinen Pferdehof in Fürstenfeldbruck in Bayern. Die Handarbeit liegt ihr sehr am Herzen. Durch ihre langjährige Ausbildung bei unterschiedlichen renommierten Ausbildern hat sie gelernt, Pferde an der Hand vorzubereiten und zu fördern. Dazu zählen unter anderem Marc de Brossia und Anja Beran. „Im Laufe meines Reiterlebens hat die gymnastizierende Arbeit an der Hand für mich immer mehr an Bedeutung gewonnen“, sagt Kathrin Roida. „Sei es bei jungen Pferden, die durch die Handarbeit ein gutes Körpergefühl und die nötige Balance für das Reiten bekommen, oder bei bereits ausgebildeten Reitpferden, bei denen ich an einen Punkt kam, welcher sich unter dem Sattel für mich nicht lösen ließ.“

Körper und Psyche stärken

Als Reiter und Ausbilder tragen wir die Verantwortung für unser Pferd. Ein faires Miteinander braucht Ruhe, Vertrauen und gegenseitiges Verständnis. In einer solchen Atmosphäre kann sich das Pferd sicher fühlen und lernen. Unabhängig von Alter oder Ausbildungsstand bietet die Handarbeit viele Möglichkeiten, den Vierbeiner zu gymnastizieren und mögliche Probleme zu lösen. Es gibt immer mal wieder Aufgaben, an denen der Reiter im Sattel scheitert. Das müssen nicht unbedingt schwere Übungen wie die Piaffe sein – manche Pferde können mit Reiter im Sattel aus unterschiedlichen Gründen nicht zur Losgelassenheit finden. Das kann sowohl körperliche als auch psychische Ursachen haben. Die Handarbeit hilft also nicht nur, die Muskulatur zu lockern, aufzubauen und den Körper insgesamt zu stärken, sondern sie kann beispielsweise auch ängstlichen Pferden helfen, Vertrauen zum Menschen aufzubauen und mehr Sicherheit beim Training zu gewinnen. Wann sich erste Erfolge einstellen, hängt unter anderem von der Vorgeschichte des Pferdes ab. Das zeigt das Beispiel der heute siebenjährigen Reitponystute Didiera. Aufgrund ihres Talentes für den Dressursport sollte sie sehr bald die ersten Reitpferdeprüfungen gehen. Doch Didiera verlor schon beim Verladen regelrecht die Nerven. Daraufhin versuchten es ihre Besitzer mit Druck, und die junge Stute verweigerte irgendwann völlig die Mitarbeit. Selbst im eigenen Zuhause erschrak sie sich ständig und rannte los. An der Longe war sie dann teilweise kaum noch zu halten. Die damalige Bereiterin war der Meinung, dass Didiera „da durchmüsse“, und setzte ebenfalls Druck als Hilfsmittel ein.

Grundlagen

  • Die Grundlagen für die Handarbeit legen Sie bei der Bodenarbeit. Dazu brauchen Sie nur ein gut sitzendes Halfter und einen passenden Strick oder ein Bodenarbeitsseil. Kathrin Roida trägt Handschuhe und hat eine kurze Gerte dabei, die sie sowohl regulierend als auch treibend einsetzen kann. Bei manchen Pferden beginnt sie das Training am Kappzaum – abhängig von Temperament und Verhalten des Vierbeiners bei der Arbeit.
  • Das Pferd lernt am Boden treibende und regulierende Hilfen. Sie müssen also in der Lage sein, Ihr Pferd in jedem Moment anzuhalten beziehungsweise es über treibende Hilfen zu überzeugen, überall mit Ihnen hinzugehen und ein gewisses Tempo zu gehen sowie zu halten.
  • Begegnen Sie Ihrem Pferd am Boden freundlich, und versuchen Sie, immer möglichst klar zu kommunizieren. Denken Sie daran, dass junge oder unerfahrene Pferde die Gerte noch nicht kennen. Manche Vierbeiner haben sogar Angst vor ihr. Nehmen Sie sich in diesem Fall Zeit, Ihr Pferd behutsam daran zu gewöhnen, denn die Gerte wird später ein Hilfsmittel bei der Handarbeit sein.
  • Zu den Grundlagen, die Sie bei der Bodenarbeit erarbeiten, gehört das Führen. Kathrin Roida führt dabei auf Schulterhöhe des Pferdes. Denken Sie dabei an einen Dirigenten, der ein Orchester leitet, und halten Sie eine gesunde Körperspannung mit fließenden, weichen Bewegungen. Geben Sie sich auch hierbei selbst Zeit zu lernen.
  • Als nächste Übung bauen Sie das Anhalten auf dem Hufschlag ein. Die Bande dient dabei als seitliche Begrenzung. Auch wenn die Übungen einfach erscheinen – es kommt auf die Ausführung an. Hier ist Konzentration und Aufmerksamkeit gefordert.
  • Wenn das Anhalten und Angehen einwandfrei klappt, können Sie das Rückwärtsrichten üben.
  • Für das weiterführende Arbeiten kann es sehr vorteilhaft sein, wenn das Pferd gelernt hat, ruhig und geschlossen zu stehen. Daher ist das korrekte, gelassene Stehen ein weiterer Baustein, den Sie am Boden erarbeiten können.Mehr Informationen zu diesem Thema finden Sie in der neuen Mein Pferd- Ausgabe.