Die Versammlung ist im Grunde der Höhepunkt der Skala der Ausbildung. Dennoch ist sie nur ein weiterer Schritt. Mit dem Erreichen ist der Ausbilder mit seinem Pferd noch lange nicht am Ende. Die Skala der Ausbildung bedeutet lebenslanges Lernen und Üben. Doch zunächst einmal gilt es, sich auch zu erfreuen an allem, was man bislang gemeinsam mit dem Partner Pferd erreicht hat.
Versammlung – Was bedeutet das? In den Richtlinien der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) wurde eine klare Beschreibung festgelegt. „Von Versammlung spricht man, wenn ein Pferd sich mit näher herangeschlossener Hinterhand und stärker angewinkelten Gelenken der Hinterbeine ausbalancieren kann, sich leichtfüßig und energisch bewegt und sich daraus in Selbsthaltung erhabener trägt.“ Eine gute Beschreibung, wie es aussehen soll – doch was genau steckt dahinter? Olympiasiegerin Ingrid Klimke stellt es auf folgende Weise etwas genauer dar: „Unter der Versammlung versteht man die vermehrte Lastaufnahme des eigenen und des Reitergewichtes durch eine stärkere Winkelung der drei großen Gelenke der Hinterhand des Pferdes, nämlich des Hüftgelenks, des Kniegelenks und des Sprunggelenks. Das sind die berühmten Hanken, von denen wir oft schon gehört haben, bevor wir auch nur annähernd wissen, was Versammlung bedeutet.“ Die Reitmeisterin erläutert außerdem, dass der Weg dorthin vor allem über eine regelmäßige Gymnastizierung des jungen Pferdes abläuft. So entwickelt sich die Muskulatur, die das Pferd in die Lage versetzt, sich hinten mehr zu „setzen“. Sie beginnt die Arbeit an der Versammlung des jungen Pferdes nach etwa einem Jahr Grundausbildung unter dem Sattel.
Zusammenspiel von Versammlung und Aufrichtung
Die Ausbilderin Sabine Ellinger arbeitet stets daran, bei ihren Pferden sowohl eine gute Versammlung als auch Aufrichtung zu erreichen. Beides ist wichtig, um ein sicher an den Hilfen stehendes Pferd zu bekommen. „Da der Rücken die Bewegungszentrale des Pferdekörpers ist, sollte dieser bei allen Lektionen weder festgehalten sein noch passiv durchhängen. Wird eine Aufrichtung mit der Hand, zum Beispiel durch Aufwärtsparaden, beeinflusst, folgt daraus ein spektakuläreres Vorderbein, was manche Reiter anstreben. Es hat aber auch zur Folge, dass der Rücken absinkt und die Hinterhand nicht mehr optimal untertreten kann. Dadurch entstehen gespannte Tritte sowie ein nach vorn abkippendes Becken. Eine korrekte Versammlung ist auf diese Art und Weise nicht möglich.“
Die Versammlungsfähigkeit bestimmt den Grad der Aufrichtung, erklärt die Ausbilderin. „Übungen, um die Hankenbeugung und damit Versammlung und Aufrichtung zu trainieren, sind zum Beispiel halbe und ganze Paraden, Zulegen und Einfangen, Außengalopp, Arbeit an der Hand, den Zirkel verkleinern und vieles mehr. Bei der Arbeit an der Hand ist das Trainieren der Piaffe eine gute Übung, um die Aufrichtung und Versammlung zu fördern.“
Energiefluss bei der Versammlung
Ruth Giffels kennt sowohl die klassische als auch die barocke Reitkunst und ist somit immer zu einem Blick über den Tellerrand bereit. Auch für sie gehört die Versammlung zur Krone der Pferdeausbildung. „Um das Pferd korrekt in Versammlung zu reiten, ist es wichtig, zunächst genügend vorwärts zu reiten, sodass es etwas zu versammeln gibt! Bei der Versammlung fließt die Energie, die man ansonsten nach vorne herauslassen würde, nach vorne oben. Die Gelenke der Hinterhand werden mehr gebeugt, wodurch das Pferd vorne größer wirkt. So erhält das Pferd mehr Ausdruck, geht kadenzierter und trägt sich besser“, erklärt die Ausbilderin.
Für das Training der Versammlung empfiehlt Ruth Giffels, „immer viele Übergänge“ zu reiten, zwischen den Gangarten und in der jeweiligen Gangart. „Man sollte als Reiter die Idee haben, dass sich das eine aus dem anderen ergibt. So kann beispielsweise auch mit den Erwartungen des Pferdes gespielt werden, indem das Pferd, wenn es erwartet, nach vorne geritten zu werden, zunächst für ein paar Schritte aufgenommen wird. Wenn das Pferd gut vorwärts geht, sollte man es nicht ewig durch die Gegend jagen, sondern Seitengänge oder Übergänge einbauen, auch in Kombination – also zum Beispiel Schritt-Trab-Übergänge im Schulterherein. Dabei wird jeweils das innere Hinterbein vermehrt unter den Schwerpunkt treten und das Gewicht abfangen und wieder nach vorne bewegen. Oder Trab-Halt-Trab-Übergänge, mal mit mehr Zeit im Halten, mal mit promptem Antraben.“ Wichtig ist, beim Training der Versammlung immer ein Gefühl von Leichtigkeit in der Bewegung zu haben. Sobald dieses Gefühl verlorengeht, sollte man niemals weiter am Versammeln des Pferdes arbeiten, sondern zunächst dazu übergehen, Schwung und Gehfreude erneut zu verbessern.
Text: Alexandra Koch Foto: www.Slawik.com