Text: Inga Dora Schwarzer        Foto: www.Slawik.com

Quer durch alle Reitdisziplinen wird das Knotenhalfter vielfach verwendet. Es suggeriert durch seine Leichtigkeit eine sanfte Einwirkung auf den Pferdekopf. Doch der Schein trügt. Es wirkt deutlich schärfer, aber auch präziser ein als ein gewöhnliches Stallhalfter.

Das Knotenhalfter gehört zur Standardausrüstung der Westernreiter und ist vor allem beim Führ- und Verladetraining, beim Spazierengehen und bei der Bodenarbeit beliebt. Aber auch Wanderreiter nutzen es aufgrund seines geringen Gewichts als Ausrüstungsgegenstand unter der Trense. Nur einige wenige verwenden es zum Reiten. Mittlerweile hat es seinen Weg in alle Sparten der Reiterei gefunden und ist bei vielen Pferdebesitzern extrem populär.

Halfter der Prärie

Geschichtlich ist das Knotenhalfter nichts anderes als ein Seil, das zu einem Halfter geknüpft ist. Angeblich haben es bereits die Indianer und Cowboys im Wilden Westen eingesetzt. Eine Theorie besagt, dass sie es aus einer speziellen Handhabung des Lassos entwickelten. Nachdem sie ein Pferd eingefangen hatten, schlangen sie ihr Lasso mit ein paar gekonnten Schlingen vom Genick aus derart um den Kopf des Tieres, dass am Ende eine Art Halfter mit Führstrick aus einem Stück daraus wurde. Eine andere Theorie besagt, dass sie es aus einem Seil knüpften, weil es an Metall für Ösen und Schnallen mangelte. Die Knoten hätten daher keine besondere Funktion, sondern seien lediglich notwendige Kreuzungspunkte, um das Seil in die richtige Richtung zu bekommen.

Fakt ist: Das Halfter besteht aus einem ca. 3,5 bis 8 Millimeter dünnen runden Seil ohne metallene Schnallen zum Verschließen und ist damit sehr leicht. Diese Leichtigkeit verleitet vielfach dazu, damit etwas besonders Sanftes und Mildes in Verbindung zu bringen. Doch es wirkt keineswegs sanft ein, sondern deutlich schärfer als ein gewöhnliches Stallhalfter. Auch bringt es größere Gefahren für das Pferd mit sich.

Der Grund ist schnell erklärt. Physikalisch ergibt sich der Druck aus Kraft pro Fläche, das heißt: Je geringer die Fläche ist, desto größer ist der Druck. Je größer die Fläche ist, desto geringer ist der Druck. Auf den Halfter-Vergleich übertragen bedeutet dies: Aufgrund des dünnen Seils hat das Knotenhalfter eine geringe Auflagefläche. Es erzeugt daher eine direktere und stärkere Wirkung am Pferdekopf als ein Stallhalfter. Es lässt feinere Signale durch, wobei es zugleich schärfer einwirkt. Das Stallhalfter hingegen mit seiner breiteren Auflagefläche ist deutlich weicher, zugleich kommen die Signale vom Seilende jedoch schwammig und unpräzise beim Pferd an.

Einwirkung auf den Pferdekopf

Das Knotenhalfter nimmt – je nachdem, welche Zugrichtung das Seil vermittelt – auf drei Punkte am Pferdekopf Einfluss: Genick, Nase und Backen. Bewegen Sie das am Halfter befestigte Seil nach vorne, wirken Sie auf das Genick des Pferdes ein. Bewegen Sie es nach hinten, kommt Druck auf die Nase. Schwingen Sie das Seil zur Seite, erhalten Sie Zug auf den hinteren Teil der Backen. Daher ist bei einem Seil mit einem Karabiner Vorsicht geboten, damit dieser nicht gegen den Kopf oder ans Auge schlägt. Leichte Karabiner oder ein simpler Knoten, mit dem das Leitseil am Halfter befestigt wird, sind beim Training zu bevorzugen, damit das Pferd nicht verletzt wird.

Zu beachten ist ferner, dass das Knotenhalfter nicht für einen dauerhaften Druck ausgelegt ist. Dauerzug führt dazu, dass sich das Pferd nicht nur durch Gegendruck widersetzt oder sich ins Halfter hängt, sondern auch Schmerzen erleidet. Bei grober und unsachgemäßer Einwirkung kann es daher zu Quetschungen und Verletzungen der Haut oder Binde- und Muskelgewebe kommen. Auch eine Komprimierung von Nerven ist nicht auszuschließen.

…den kompletten Artikel – inklusive verschiedener Verschlussarten des Knotenhalfters – finden Sie in der Mein Pferd-Ausgabe 7/2020.