Text: Dominique Wehrmann      Foto: Jacques Toffi

Eine der effektivsten und dennoch wohl am meisten unterschätzten Trainingsmethoden ist die Pause zum rechten Zeitpunkt. Denn sie wirkt sich gleich dreifach positiv aufs Pferd aus

Reitmeister Klaus Balkenhol hat in seinem Leben schon unzählige Grand-Prix-Pferde ausgebildet und von ihnen gelernt: Wenn sie Widerstand leisten beim Reiten, liegt es meistens daran, dass ihnen die Muskulatur wehtut. Sie können nicht mehr. Darum benutzt er auch nicht das Wort „Pause“, sondern nennt die Unterbrechung des Trainings „Erholungszeit“. Spätestens wenn das Pferd unwillig wird und beginnt, sich zu widersetzen, muss der Reiter aufhören. Doch eigentlich ist es dann schon zu spät. Die Unterbrechung muss kommen, noch ehe das Pferd so stark ermüdet, dass es sich wehrt.

Wie Klaus Balkenhol sagt: „Der Reiter muss den Punkt erfühlen, an dem er aufhören muss, das Pferd zu fordern, noch ehe das Pferd fordert, aufzuhören! Das ist eine Frage des Horsemanship.“ Reitet man über diesen Punkt hinweg, zieht das gleich mehrere Probleme nach sich. Das schwerwiegendste: Der Reiter fängt „Streit“ mit dem Pferd an, obwohl es körperlich gar nicht mehr in der Lage ist, seinen Wünschen Folge zu leisten. Auf Dauer verliert das Pferd so das Vertrauen. Klaus Balkenhol: „Ich erlebe es oft, dass ein Schüler sagt, er komme nicht weiter. Ich sage dann: ,Halt mal an und entspannt euch kurz!‘ Und siehe da, nach kurzer Zeit hat sich die Muskulatur des Pferdes erholt, ist wieder gut durchblutet und mit Sauerstoff versorgt. Was vorher nicht ging, klappt wieder.“

Alois Pollmann-Schweckhorst bestätigt das und hat einen anschaulichen Vergleich: „Wenn ich im Fitnessstudio mit Gewichten arbeite, mache ich nach einer Einheit ja auch eine Pause, schüttele mich aus und setze dann erneut an.“ Beide sind sich einig: Es geht nicht darum, dass Pferde nicht gefordert werden dürfen. Im Gegenteil, sie sollen sich anstrengen – aber nur, solange sie Kraft haben. Das ist ein schmaler Grat. Alois Pollmann-Schweckhorst: „Wenn ich spüre, dass ich mehr will, als das Pferd in diesem Moment zu geben bereit ist, muss ich einen Gang zurückschalten. Das ist ein Gefühl, als stecke man fest.“ Diese Situationen kennt man als Reiter, der Moment, in dem man geneigt ist zu denken: „Da muss er jetzt mal durch!“ Das sei genau die falsche Denkweise, betont der Profi. Eine wichtige Lektion habe er von seiner Partnerin Pia Scheffer gelernt. Die habe nämlich ein Pferd, das „manchmal einen Käfer- und manchmal einen Porsche-Tag hat“, wie Pollmann-Schweckhorst es nennt. „An einem Porsche-Tag springt er ohne Probleme über einen S***-Parcours. An einem Käfer-Tag muss man ihn in Ruhe lassen.“ Das zu respektieren war ein Schlüssel auf dem Weg zum Erfolg mit dem betreffenden Pferd.

Erholung für den Kopf

Es ist nicht nur die Muskulatur des Pferdes, die sich zwischendurch immer wieder erholen muss, sondern auch der Kopf. Je ehrgeiziger und sensibler die Pferde sind, desto schneller geraten sie auch in Stress und dann unter Spannung. Das Erfolgspferd Dablino sei so ein Pferd gewesen, berichtet Klaus Balkenhol. Geholfen hat ein Tipp von Westernausbilder Peter Kreinberg: die Pferde einfach mal stehen lassen! Und zwar so lange, bis sie sich wirklich entspannen, tief ausatmen und zur Ruhe kommen. „Die Pferde finden ihre Ruhe und ihre Balance“, hat Balkenhol festgestellt. Das kommt dem Reiter auch im Dressurviereck zugute. Hat das Pferd gelernt, dass Halten Entspannung bedeutet, wird es bei den Grußaufstellungen nicht mehr herumzappeln.

Auch Alois Pollmann-Schweckhorst weiß, bei sehr ehrgeizigen Kandidaten wirkt eine Unterbrechung manchmal Wunder: „Die hoch im Blut stehenden Pferde heutzutage sind unglaublich motiviert und eifrig. Wenn sie eine Aufgabe noch nicht ganz verstanden haben, verunsichert sie das und sie wollen sie möglichst schnell hinter sich bringen. Sie brauchen dann Zeit, um herunterzukommen und das Neue erst einmal sacken zu lassen.“

Mehr Informationen zum Thema „Pausen“ finden Sie in der aktuellen Mein Pferd- Ausgabe.