Text: Alexandra Koch          Foto: Stefan Lafrentz

Ingrid Klimke muss man nicht mehr vorstellen: Sie ist zweifache Olympiasiegerin, zweifache Welt- und mittlerweile sechsfache Europameisterin in der Vielseitigkeit. Zwei der EM-Titel holte sie im Einzel 2017 und 2019. Ohne Zweifel ist Klimke eine der Koryphäen, wenn es um die Ausbildung und das Training von Pferden geht, und trägt nicht umsonst den offiziellen Titel „Reitmeisterin“.

Viele Konzepte dessen, was ihre Arbeit heute ausmacht, erarbeitete sie bereits in jungen Jahren gemeinsam mit ihrem Vater, Dr. Reiner Klimke, dem sechsfachen Olympiasieger in der Dressur. Ingrid Klimke hat auf unterschiedlichste Art und Weise das Erbe ihres Vaters weitergeführt, so auch im Falle des Trainings mit Cavaletti. Denn die Arbeit mit den Bodenstangen lag schon ihrem Vater sehr am Herzen – damals, als man über derartige Ausbildungsmethoden noch deutlich weniger nachdachte und manch einer sie auch belächelte. Heute stößt Ingrid Klimke auf offene Ohren, wenn sie erklärt, dass die Arbeit über Stangen auch für Dressurpferde eine hervorragende Abwechslung zum Lektionenreiten ist.

Kurzer Ritt durch die Geschichte

Cavaletti an sich gibt es schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts. Wie der Name verrät, handelt es sich um eine italienische Erfindung. „Cavaletti“ bedeutet so viel wie „Bock, Gestell, Ständer“. Benutzt hat die Bodenricks erstmals der legendäre Springsport-Pionier Federico Caprilli (1868–1907). Grundsätzlich ist ein Cavaletti ein kleines Hindernis aus einer etwa acht Zentimeter dicken und drei Meter langen Stange aus Holz oder Kunststoff mit an den Enden befestigten Haltern. Durch deren Bauart (oft Kreuze oder Kunststoff- blöcke) ist es möglich, durch einfaches Drehen unterschiedliche Höhen zwischen 15 und 50 Zentimetern einzustellen. Wichtig sind beim Training mit Cavaletti die Abstände zwischen den Stangen. Im Schritt liegen diese bei 80 bis 90 Zentimetern, im Trab sind es 1,20 bis 1,40 Meter und im Galopp etwa drei Meter.

Familie Klimke als Vorreiter

In der modernen Geschichte des Cavaletti-Trainings ist die Familie Klimke Vorreiter und Vorbild. „Für uns ist die Arbeit mit Cavaletti ein fester Bestandteil des Trainingsprogrammes, das wir so vielfältig wie möglich ausrichten“, erklärt Ingrid Klimke. „Ich finde, dass Cavaletti-Training für jede Disziplin und Pferde jeden Alters sinnvoll und wichtig ist. Man kann sowohl mit jungen Pferden an der Longe arbeiten als auch eine sinnvolle Beschäftigung für ältere Pferde finden.“ Ingrid Klimke erinnert sich, dass schon bei ihrem Vater immer Cavaletti auf dem Reitplatz standen, damit er diese jederzeit in sein Trainingsprogramm einbauen konnte. Sie betont, dass Cavaletti-Arbeit mit den klassischen Grundsätzen der Reiterei in Einklang stehe. Besonders gerne nutzt sie selbst Cavaletti im Wintertraining: „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sie eine tolle Möglichkeit sind, um die Kondition und Beweglichkeit meiner Geländepferde zu erhalten. Bei meinen Dressurpferden nutze ich sie in der kalten Jahreszeit, um weiter Kraft aufzubauen.“

An der Longe

Es gibt unterschiedlichste Möglichkeiten, Cavaletti ins tägliche Training einzubauen. Eine davon ist die Arbeit an der Longe, die besonders auch für Jungpferde geeignet ist. Beim Traben über Cavaletti sollte man darauf achten, dass das Pferd ruhig, aber fleißig vorwärtsgeht und dabei den Hals fallen lässt. „Das Cavaletti-Training an der Longe lockert sehr schön den Rücken“, beschreibt Klimke. „Das Pferd ist dabei frei in seinen Bewegungen, denn es trägt ja kein Reitergewicht. Es muss bei dieser Arbeit immer mitdenken und auf die Einwirkungen der Hand des Longenführers sowie auf die treibenden Hilfen mit Unterstützung einer ausreichend langen Longierpeitsche reagieren.“

…den kompletten Artikel finden Sie in der Mein Pferd-Ausgabe 1/2020.