Text: Inga Dora Schwarzer      Foto: www.Slawik.com

„Hilfe, mein Pferd ist schief!“ Na und? Das ist eine absolut normale Situation, wenn das Pferd noch nicht durch eine korrekte Gymnastizierung gelernt hat, sich geradezurichten. Warum ihm das so schwerfällt und wie Sie Ihrem Vierbeiner Stellung und Biegung erklären, weiß Trainerin Babette Teschen.

Ein Pferd läuft in freier Wildbahn die meiste Zeit im gemäßigten Tempo geradeaus. Dafür ist sein Körper perfekt konzipiert. „Es wendet vielleicht mal abrupt oder biegt ab, nie aber läuft es dauerhaft auf einer gebogenen Linie oder gar im Kreis“, erklärt Trainerin Babette Teschen aus Adendorf bei Lüneburg (Niedersachsen). Zirkel, Volten, Schlangenlinien und Co. sind daher nicht seinem Bewegungsrepertoire zu finden. Dementsprechend schwer fallen sie ihm.

In Schräglage durch die Kurve

In einer Wendung trägt es seinen Kopf von Natur aus sehr hoch, stellt ihn gegen die Bewegungsrichtung (also nach außen), nutzt seinen angespannten Hals als Balancierstange und kippt mit dem Körper schräg in die Wendung hinein (ähnlich wie ein Motorradfahrer). „Geht es in solch einer Schieflage, setzt es immer zuerst mit der Außenkante des Hufes auf und kippt dann nach innen. Es fußt also nicht plan auf“, so die Trainerin. Die Außenstellung fixiert zudem die innere Schulter des Pferdes am Boden. Der gesamte Pferdekörper dreht sich dabei um das innere Vorderbein, wodurch es zu Rotationskräften in Bein und Gelenk kommt. „Da sich die Schulter nicht frei bewegen kann, führt das Vorderbein nur noch eine verkürzte Bewegung aus. Dadurch wird auch die Hinterhand im Vortreten gehemmt und schert aus der gebogenen Linie aus“, erläutert die Expertin.

Dieses Bewegungsmuster zeugt bei einem Reitpferd von einer mangelnden Stabilisation auf der gebogenen Linie. „Solange die Hinterhand nicht der Linie der Vorhand folgt, also am Pferdekörper vorbeiläuft, kann sich die Hüfte nicht absenken und können die Hinterbeine keine Last aufnehmen. In dem Fall wird auch der Rücken des Pferdes nicht von der Kruppenmuskulatur angehoben und kann nicht nach oben schwingen. Das Pferd ist so nicht mehr in der Lage, weiche, freie Bewegungen zu zeigen, sondern kann nur noch ungefedert, hart und damit gesundheitsschädigend auffußen“, erklärt die Trainerin.

Dieses Bewegungsmuster ist für wilde oder nicht gerittene Pferde, die den größten Teil des Tages geradeaus laufen, nicht schädlich. „Läuft ein Pferd aber unter dem Reitergewicht dauerhaft so, kommt es zur Überlastung von Sehnen, Bändern und Gelenken. Die Muskulatur kann nicht mehr locker arbeiten, und so fehlt ihre Schutzfunktion für den gesamten Bewegungsapparat. Ein Pferd weiß natürlicherweise nicht, wie es auf eine gesundheitserhaltende Art auf einer gebogenen Linie laufen kann. Genau das müssen wir ihm erst vermitteln“, so Babette Teschen.

Neben dem ungewohnten Bewegungsmuster kommt noch eine Herausforderung hinzu: die natürliche Schiefe. Sie ist bei jedem Pferd vorhanden, beim einen mehr, beim anderen weniger stark ausgeprägt. „Damit ist gemeint, dass das Pferd nicht wirklich auf einer geraden Spur läuft, sodass die Hinterhufe genau auf der Linie der Vorderhufe gehen, sondern die Hinterbeine des Pferdes laufen leicht seitlich am Körper vorbei“, erklärt die Expertin. Woran liegt das? Eine gesicherte Antwort darauf kann bis heute nicht gegeben werden. Fest steht, dass die natürliche Schiefe in der Natur des Pferdes begründet liegt. Von Geburt an ist kein Pferd in sich ganz symmetrisch. Es gibt weder gleiche Knochen noch spiegelbildliche Sehnen oder Bänder. Fachleute gehen deshalb davon aus, dass die Schiefe des Pferdes und damit auch unterschiedlich stark ausgeprägte Schultergürtel und die Belastungsvorliebe für ein Vorderbein angeboren sind. Um diese Belastung auszugleichen, krümmt sich das Pferd vermehrt zur gegenüberliegenden (hohlen) Seite.

…den kompletten Artikel – inklusive vieler praktischer Tipps – finden Sie in der Mein Pferd-Ausgabe 12/2019.