Text: Inga Dora Schwarzer     Foto: www.Slawik.com

Ein Reiz von außen – und schon ist die Konzentration dahin. Dabei stellt sie doch die Basis für eine erfolgreiche Kommunikation zwischen Mensch und Pferd dar. Wie Sie die Aufmerksamkeit im Training auf sich richten und warum eine permanente Wachsamkeit in der Natur des Pferdes liegt, erklärt Pferdeverhaltensexpertin Marie Heger

Ein Reiter-Pferd-Paar, das die Halle betritt, ein weit entferntes Motorengeräusch oder ein Windhauch, der die Blätter in den Bäumen zum Rauschen bringt, und die Konzentration des Pferdes auf die reiterlichen Hilfen geht flöten. Viele Vierbeiner richten ihre Aufmerksamkeit beim Training in Sekundenschnelle auf andere Dinge in der Umwelt. Dabei stuft ihr Gehirn vor allem Gefahrensignale und Unbekanntes als relevant ein.

Immer alles im Blick

Ein wesentlicher Bestandteil der Aufmerksamkeit ist dabei eine gesteigerte Wachheit. Insbesondere für die Beute- und Fluchttiere wie Pferde ist diese Reizoffenheit wichtig, um jeden Aspekt der Umgebung ständig im Blick zu behalten und auf verdächtige Geräusche sowie sich bewegende Umweltreize zu achten. Es entspricht also ihrer Natur, wenn sie sich nur schwer auf eine Sache konzentrieren können. Aufgrund ihrer evolutionären Entwicklung der Sinnes- und Gesichtsmerkmale sind sie zu geteilter Aufmerksamkeit besonders fähig – und auch in hohem Maße von ihr abhängig, sagt der italienische Forscher Dr. Paolo Baragli von der Veterinärmedizinischen Universität Pisa. Er bewies anhand seiner Studie „Could the Visual Differential Attention Be a Referential Gesture? A Study on Horses on the Impossible Task Paradigm“, die im Juli 2018 in der Zeitschrift „Animals“ erschien, dass die Tiere bei der Lösung von Aufgaben zum sogenannten Multitasking fähig sind.

Für seine Untersuchung unterzog Baragli insgesamt 30 Pferde drei einfachen Tests. Bei jedem Tier stellten er und sein Forscherteam einen Tisch vor die Box, daneben platzierten sie zwei Personen. Eine dritte Person legte einen Apfel oder eine Mohrrübe auf den Tisch, danach verschwand sie. Es gab drei Testsituationen: 1. nichts auf dem Tisch, 2. Futter auf dem Tisch in Reichweite und 3. Futter auf dem Tisch außerhalb der Reichweite des Pferdes. Interessant war vor allem die letzte Situation: Befand sich die Mohrrübe außerhalb ihrer Reichweite, richteten die Pferde ein Ohr auf das Futter und drehten das andere Ohr seitlich zu einer Person hin. Sie teilten ihre Aufmerksamkeit also zwischen Futter und Person auf und „baten“ die Menschen sozusagen um Hilfe.

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