Text: Aline Müller      Foto: Holger Schupp

Einen flüssigen, harmonischen fliegenden Galoppwechsel zu reiten ist ein wundervolles Gefühl. Auf dem Weg dorthin stehen viele Reiter jedoch vor Hindernissen. Um ein Pferd optimal auf den Wechsel vorzubereiten und dabei eine feine Hilfengebung zu erreichen, ist eine gewisse reiterliche Erfahrung vorteilhaft. „Wenn Sie selber noch keinen Wechsel geritten haben, suchen Sie sich eine Möglichkeit, das Gefühl für die Wechsel auf einem erfahrenen, lektionssicheren Pferd zu erspüren“, rät die Ausbilderin Ruth Giffels. Sie hatte das Glück, vom Pferd ihrer Eltern zu lernen. Der Hannoveraner-Wallach Keno sprang sauber einzelne fliegende Wechsel, und Ruth Giffels erarbeitete sich mit ihm die Serienwechsel – da war sie 16 und ihr Pferd 19 Jahre alt. „Seine großen, runden Galoppsprünge, die er mit einer Regelmäßigkeit eines Uhrwerks machte, sind mir unvergesslich“, erinnert sich die Schülerin von Egon von Neindorff und Richard Hinrichs.

Wann ist es so weit?

Gibt es den richtigen Zeitpunkt, an dem man mit den fliegenden Wechseln beginnen kann? Generell gilt, dass sich Pferde in ihrem jeweiligen Lernverhalten und in ihren Vorlieben für bestimmte Lektionen oder Gangarten unterscheiden. Dennoch gibt es einige Grundvoraussetzungen, die das Erlernen der Wechsel vereinfachen. Für Ruth Giffels sollte der Reiter das Pferd an jeder Stelle der Bahn wahlweise innen oder außen angaloppieren und Tempounterschiede, auch im Kontergalopp, reiten können. Außerdem sollten die Paraden zum Schritt weich und prompt gelingen. Wichtig ist auch, dass das Pferd bei häufigen Übergängen zwischen Innen- und Kontergalopp ruhig, versammelt, rund und leicht in der Hand bleibt. Der Reiter muss die Position der Hinterhand des Pferdes genau bestimmen können. Eine gute Vorübung dazu sind Schulterherein, Renvers und Travers, abwechselnd im Schritt und Trab geritten.

Angaloppieren aus dem Galopp

„Die Hilfengebung für den Wechsel ist dieselbe wie zum Angaloppieren, nur dass sie jetzt aus dem Galopp heraus erfolgt“, sagt Ruth Giffels und erklärt, wie das genau geht: „Man macht das Pferd aufmerksam, gibt einen Arrêt am neuen äußeren Zügel, der zuvor der innere war. Gleichzeitig erfolgt der Galoppimpuls mit dem neuen äußeren Schenkel. Hinzu kommt das bewusste Öffnen des alten äußeren Schenkels, der dabei nicht vom Pferd abgespreizt wird, sondern leicht angelegt wird, um das Pferd zum Wechseln des Galopps einzuladen.“ Stand das Pferd vor dem Umspringen gut am ­äußeren Zügel, so öffnet der Reiter im Wechsel die Finger der neuen inneren Hand, um so den neuen Galopp herauszulassen.

Was sich in der Theorie erst mal kompliziert anhört, wird durch ein praktisches Beispiels verständlicher. Da den meisten Pferden der Wechsel von rechts nach links leichter fällt, stellen Sie sich vor, wie Sie auf der rechten Hand galoppieren. Der Galopp ist dabei taktrein und bergauf gesprungen. Sie können sich gut auf die Bewegungen des Pferdes einlassen und haben eine feine Verbindung zu dessen Maul. Nun wenden Sie auf die Diagonale ab und richten dabei sowohl Ihr Pferd als auch sich selbst gerade. „Deutlich vor Erreichen des Hufschlags geben Sie die Hilfe zum Angaloppieren links: Der linke Schenkel macht Platz. Falls er leicht verwahrend zurückgelegt war, wird er nach vorne gelegt, wobei der Kontakt zum Pferdeleib ganz leicht bleibt“, beschreibt Ruth Giffels die Hilfengebung und erklärt, wie es weitergeht: „Der rechte Schenkel gibt den Impuls für das rechte Hinterbein, zusammen mit einem kleinen Arrêt am rechten Zügel – Ihr Pferd springt links ein, Sie galoppieren in aller Ruhe ­weiter und loben es.“

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