Text: Inga Dora Schwarzer          Foto: www.Slawik.com

Im Reitsport geht es um eine gemeinsame sportliche Leistung von Reiter und Pferd. Auch der Reiter ist Athlet. Doch welche körperlichen Anforderungen stellt das Reiten? Und kann man sich damit fit halten? Das beantwortet die Sportwissenschaftlerin und -therapeutin Dr. Christine Heipertz-Hengst

Reiten? Das ist doch kein Sport. Da läuft doch nur das Pferd und der Mensch wird durch die Gegend getragen.“ Gerade bei sehr guten Reitern ist es für Außenstehende schwer zu erkennen, welche tatsächliche körperliche Leistung im Sattel erbracht wird. Dass Reiten nur für das Pferd eine sportliche Anforderung stellt, ist daher noch immer weit verbreitet. Doch, wer selber reitet, weiß es besser: Er kommt im Sattel ins Schwitzen und gerät außer Atem. Vom Ganzkörper-Muskelkater einer anstrengenden Reitstunde ganz zu schweigen.

Motorische Anforderungen

„Das Reiten fordert den ganzen Menschen und beansprucht alle großen Organsysteme“, erklärt die Sportwissenschaftlerin und -therapeutin Dr. Christine Heipertz-Hengst. Sie definiert die reittypische motorische Beanspruchung aus Sicht der Sportmedizin und Sportwissenschaft im „Handbuch Pferdewirt“ wie folgt: „Reiten ist eine überwiegend statische, allgemeine, aerobe Langzeitbelastung mit vorrangiger Beanspruchung auf sportartspezifische Koordination und Beweglichkeit.“

Das Besondere liege zum einen in den hohen Anforderungen an die dynamisch-elastische Statik mit ständig wechselnden Spannungsgraden. Zum anderen ginge es beim Reiten um vielfältige koordinative Beanspruchungen, welche Aktions- und Reaktionsfähigkeiten ebenso einschließen wie die Wahrnehmung des eigenen Körpers und den des Pferdes, in Raum und Zeit unter wechselnden Umwelteinflüssen. „Alle Bewegungsaufgaben für den Reiter stellen des Weiteren hohe Anforderungen an die Balancefähigkeiten in Kombination mit Rhythmus und Taktgefühl“, erklärt sie weiter. Bereits hier ist klar: Reiten ist eine komplexe Sportart.

Wer sich in den Sattel setzt, wird bereits ohne sein Zutun durch die dreidimensionalen Schwingungen des Pferderückens bewegt. „Diese Bewegungen müssen permanent ausgeglichen und der eigene Körper im gleichmäßigen und fließenden Rhythmus bewegt werden, was zu einer regelmäßigen An- und Entspannung vieler kleiner Muskeln führt“, erläutert die Diplom-Sport- und Amateurreitlehrerin. Da der Reiter ständig damit beschäftigt ist, seinen durch die Pferdebewegung beeinflussten Schwerpunkt wiederzufinden und aktiv auf das Pferd einwirken zu lassen, hat das „Getragenwerden“ erste muskelkräftigende Effekte für den Menschen.

Dem können Sie selbst nachspüren, wenn Sie auf einem Bein oder Gymnastikball balancieren. Dann fühlen Sie die kleinen Regulationen der Muskulatur selbst ganz deutlich. Im Sattel ist es noch intensiver. Hier balanciert sich der Reiter auf seinen Gesäßknochen und im gesamten Beckenbereich aus, die dreidimensionalen Bewegungsimpulse aus dem Pferderücken übertragen sich auf den ganzen Rumpf.

Grundkraft erforderlich

Hinzu kommt die typische Sitzposition im Sattel, der Spreizsitz. Er dient als ideale Ausgangsstellung für eine aufrechte Haltung mit körpergerechter Wirbelsäulenschwingung und gilt als optimale Positionierung von Becken und Hüfte, so die Expertin. Dafür ist jedoch bereits in Ruhe ein guter Grundtonus der Rumpfmuskulatur erforderlich. Um die Haltung auch in jeder Bewegungsphase, in allen Gangarten und in ständiger Balance mit dem Schwerpunkt des Pferdes einzunehmen, müssen Bauch-, Brust- und Rückenmuskeln in der Lage sein, diesen Spannungsgrad gemeinsam in ständiger Anpassung aufrechtzuerhalten. Dafür bedarf es einer gewissen Grundkraft.

Die Muskulatur des Reiters im Sattel muss aber nicht nur Haltearbeit (statisch), sondern immer auch Bewegungsarbeit (dynamisch) leisten. „Dafür können sich die Muskeln verkürzen und dehnen. Hinsichtlich der Gesamtbelastung ist zwischen nur lokaler und im Gegensatz dazu allgemeiner, ganzkörperlicher Muskelarbeit zu unterscheiden“, so Dr. Heipertz-Hengst im „Handbuch Pferdewirt“ weiter.

Den ganzen Artikel finden Sie in der aktuellen Oktober-Ausgabe der Mein Pferd.