Text: Nicole Audrit | Fotos: Madith Pauwels

Der Weg führt zuerst über eine Reihe von Baumstämmen, bevor er über einen schmalen Pfad zu einer Hängebrücke gelangt. Nachdem diese Herausforderung gemeistert ist, muss der Quarter Horse-Wallach noch das für ihn anspruchsvollste Hindernis bestehen: einen Wassergraben. Dieser soll nicht etwa übersprungen, sondern durchquert werden. Schnaubend nähert sich der Wallach dem Graben, zögert kurz, vertraut schließlich doch auf seine Reiterin und watet zügig durch den Wassergraben. Dieser Weg hört sich nach einem abenteuerlichen Ritt in einer wilden Bergregion, beispielsweise den Rocky Mountains, an. Knapp daneben: Es ist ein kleiner Ausschnitt des Extreme Trails Pauwels in Hilchenbach (NRW). Der knapp 7.500 Quadratmeter große Park ist mit seinen unterschiedlichen Herausforderungen ein wahrer Abenteuerspielplatz für Pferde.

An der Gestaltung hat kein Geringerer als Mark Bolender mitgewirkt, einer der Gründer der International Mountain Trail Challenge Association (IMTCA) und Vorreiter dieser Disziplin. „Durch ihn kam ich überhaupt erst auf die Idee, einen solchen Park in Deutschland bauen zu wollen“, erzählt Noémie Pauwels, die Inhaberin des Extreme Trails Pauwels. Nachdem sie verschiedene Videos von Bolender und seinem Pferd Checkers bei der Bewältigung eines Extreme Trails im Internet gesehen hatte, war für Pauwels schnell klar: An so etwas hätten ihre Pferde sicherlich auch Spaß. „Außerdem züchtet meine Familie die amerikanische Gangpferderasse Missouri Foxtrotter, die für ihre Trittsicherheit und Nervenstärke bekannt ist. Durch einen Extreme Trail lassen sich die Vorzüge dieser Rasse in der Ausbildung noch besser trainieren und für potenzielle Interessenten hervorheben.“ Im Jahr 2015 setzte Noémie Pauwels ihren Wunsch in die Tat um und eröffnete den ­Extreme Trail in Hilchenbach.

Das Wort „Extreme“ ist dabei irreführend, da es in einem solchen Park nicht darum geht, die Naturhindernisse möglichst schnell oder möglichst spektakulärer zu überqueren. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Partnerschaft zwischen Mensch und Pferd. Noémie Pauwels erklärt: „Durch die Arbeit im Park wird nicht nur das Vertrauen zwischen Mensch und Pferd verbessert, sondern die gesamte Beziehung gestärkt. Mit jedem Hindernis wachsen beide mehr zusammen, sodass später anspruchsvollere Hindernisse kinderleicht erscheinen.“

Zwischen Baumstämmen und Wassergräben

Ein Extreme Trail hat große Ähnlichkeit mit den Begebenheiten in wilden Gegenden wie den weiten Gebirgsketten in den USA. Diese Ähnlichkeit ist gewollt – und die Pferde sollen einige der Vorzüge der dort ansässigen Pferde trainieren: Ausdauer, Trittsicherheit und Mut. Dafür gibt es laut Noémie Pauwels drei Phasen – sowohl vom Boden als auch vom Sattel aus: Teaching (die Lernphase), Instructing (die Anleitung) und Guiding (das Ziel). In der ersten Phase wird das Pferd vor neue Herausforderungen gestellt und soll diese – möglichst alleine und mit wenig Druck durch den Menschen – lösen. „Dadurch werden die Pferde ­mutiger und selbstbewusster“, erklärt die Expertin. Die Voraussetzung für die zweite Phase ist, dass das Pferd bereits alle Hindernisse und Aufgabenstellungen kennt und überwunden hat. „Nun bekommt das Pferd sozusagen den stilistischen Feinschliff. Das bedeutet, der Reiter beeinflusst zunehmend, wie und in welcher Manier das Pferd die Hindernisse überwindet. Das Pferd soll aufmerksam und sensibel auf die feinen Hilfen des Menschen reagieren“, sagt Noémie Pauwels. Die dritte Phase ist die letzte Stufe der Ausbildung in einem Extreme Trail und erfordert das Bestehen der vorherigen Stufen, so die Trainerin: „Das Pferd soll aufmerksam und willig in korrekter Manier an alle Herausforderungen herantreten und durch feinste Gewichts- und Schenkelhilfen des Reiters zu dirigieren sein. Ziel ist es, dass das Pferd die Aufgaben weitestgehend alleine löst und dennoch aufmerksam auf seinen Reiter reagiert.“

Damit sich das Pferd selbstständig den bestmöglichen Weg suchen kann, wird die Führung – sowohl vom Boden als auch vom Sattel aus – relativ lang gelassen. Zudem bekommt das Pferd genug Zeit, um den den Untergrund zu erkunden. Fordert man Eigenverantwortung und das Mitdenken des Pferdes, muss die Ausführung der Aufgaben auch an dessen individuelles Tempo angepasst werden. Außerdem werden durch die Hindernisse auch Rhythmus, Takt und Durchlässigkeit des Pferdes trainiert, allesamt Punkte der Ausbildungsskala. Neben diesen positiven Auswirkungen bietet der Besuch im Extreme Trail eine spaßige Abwechslung – und kann auch für unerfahrene oder ängstliche Pferd-Mensch-Teams ein sicheres Trainingsumfeld als Vorbereitung für verschiedene Gelände­situationen darstellen.

Unsere Expertin: Noémie Pauwels hat bereits seit ihrer Kindheit mit Pferden zu tun und hat sich stets vielseitig weitergebildet: Unter anderem ist sie geprüfte Gelände- und Wanderreiterin, Ausbilderin für Richter im Extreme Trail der IMTCA sowie studierte Pferdefachwirtin. Seit 2015 leitet sie ihren eigenen Extreme Trail Park in Hilchenbach (NRW). www.extreme-trail-pauwels.de

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