Text: Aline Müller        Fotos: Getty Images

Eine gute Erziehung des Pferdes bedeutet nicht, absoluten Gehorsam erzwingen zu wollen. Vielmehr müssen wir uns bemühen, die Bedürfnisse unseres Vierbeiners wirklich kennenzulernen und durch Verständnis, Vertrauen und Fairness eine sichere Basis zu schaffen.

Pferde faszinieren mit ihrer Kraft, ihrer Eleganz und gleichzeitig mit ihrer Sanftmut. Für den Umgang und die Erziehung ist es sowohl wichtig, das Pferd und dessen Natur besser zu verstehen, als auch die Fähigkeiten zu erlangen, ihm verständnisvoll und sicher zu begegnen. „Wir sollten nicht erwarten, dass Pferde sich unserem Lebensstil anpassen“, schreiben Andrea und Markus Eschbach in ihrem Buch „Der kleine Erziehungsratgeber für Pferde“. Sie betonen: „Wir tun Pferden Unrecht, wenn wir sie als Partnerersatz oder als Psychotherapeuten benutzen. Wollen wir fair und pferdegerecht sein, dann müssen wir Pferde wie Pferde behandeln – entsprechend ihrer Natur, ihrem arteigenen Verhalten und ihren Bedürfnissen.“

Beziehung und Miteinander

Haben Sie sich schon einmal gefragt, welche Bedingungen Sie an die Beziehung zu Ihrem Pferd stellen? „Wir nehmen an, dass Pferde ebenfalls mit uns zusammen sein wollen, uns brauchen und dass diese Beziehung automatisch funktioniert“, bemerken unsere Experten und stellen gleichzeitig die Frage, was unsere Vierbeiner eigentlich von der Beziehung mit ihrem Menschen haben. Denken Sie an Ihr eigenes Leben: Sie fühlen sich in unterschiedlichen Situationen und bei unterschiedlichen Tätigkeiten wohl. Was der eine liebt und zum Entspannen braucht, ist für den anderen vielleicht langweilig oder zu anstrengend. Generell sind für Pferde andere Dinge wichtig als für uns. Sie fühlen sich wohl, wenn ihre natürlichen Bedürfnisse befriedigt sind. Wenn der Vierbeiner auf der Weide von Grashalm zu Grashalm schlendert, der Schweif bei gesenktem Kopf leicht pendelt und die Augen klar sind, erkennen wir eine entspannte Körperhaltung. Manchmal ist auch ein Schnauben zu hören. Auch bei domestizierten Pferden sind Urinstinkte wie Flucht, Fressen, Bewegung, Herde, Rangordnung und Fortpflanzung vorhanden. „Dieses Wissen bedeutet, dass wir die natürlichen Grundbedürfnisse des Pferdes berücksichtigen müssen, um die Grundlage für unser Miteinander zu legen“, erklären Andrea und Markus Eschbach. Das betreffe die Grundbedürfnisse in der Haltung, beim täglichen Umgang, beim Training, beim Reiten. Nur so bleiben Pferde mental und körperlich gesund.

Vertrauen und Sicherheit

Pferde müssen sich also nicht nur in ihrer Freizeit wohlfühlen, sondern auch im Kontakt mit ihrem Menschen und beim Training. „Alles, was Pferde tun, hat einen Grund. Das Sicherheitsdenken erschwert uns manchmal Lernsituationen, in denen wir dem Pferd neue Dinge beibringen wollen. Pferde schätzen es nicht, ständig neue Situationen zu erleben. Bewährtes bringt Sicherheit!“, betonen unsere Experten und empfehlen, sich Zeit zu nehmen, um die Reaktionen des Vierbeiners zu beobachten: Können Sie sich Ihrem Pferd einfach nähern, oder läuft es womöglich weg? Können Sie es am ganzen Körper berühren, ohne dass es zurückweicht? Lässt es sich ohne Abwehr ein Halfter überstreifen? Bleibt es entspannt und ruhig beim Anbinden? Macht es beim Putzen ein „Schlafgesicht“ (halb geschlossene Augen, hängende Unterlippe)? Entlastet es im Wechsel zum Ruhen ein Hinterbein? Lässt sich das Pferd willig von A nach B führen? Bleibt es ruhig und entspannt oder sogar ohne Anbinden bei Ihnen stehen? Lässt es sich leicht anhalten? Nimmt das Pferd Ihre Arbeitsaufträge willig und prompt an oder zeigt es Abwehrreaktionen wie ein Schweifzischen, ein Hochreißen des Kopfes oder angelegte Ohren? Es braucht Übung, bis Sie die Signale Ihres Pferdes lesen und deuten können.

… den kompletten Artikel finden Sie in der Ausgabe 9/2020.