Text: Aline Müller    Foto: Tanya Rozhnovskaya – stock.adobe.com

Pferde sind äußerst sensible Tiere. Kein Wunder also, dass sie auf Veränderungen der Atmung des Reiters reagieren. Mit gezielten Atemübungen können Sie nicht nur Ihr eigenes körperliches und seelisches Wohlbefinden verbessern, sondern auch die Kommunikation mit Ihrem Pferd.

Bei Angst und Aufregung rast unser Herz, die Atmung wird schneller und flacher. In manchen Momenten halten wir regelrecht die Luft an. Dann zieht sich die Muskulatur zusammen und der Körper ist in Alarmbereitschaft. Demgegenüber atmen wir im entspannten Zustand, beispielsweise im Schlaf, tief und gleichmäßig. In den letzten Jahren hat das Thema Atmung und Achtsamkeit immer mehr Beachtung gefunden. Auch im Umgang mit dem Pferd können wir von einer bewussten Wahrnehmung und einer gezielten Kontrolle oder Veränderung der Atmung profitieren. So sind wir in der Lage, unsere Körperfunktionen direkt zu beeinflussen. Beispielsweise hilft tiefes Durchatmen bei Stress dabei, die Anspannung zu reduzieren. Wir können uns selbst, aber auch unser Pferd beruhigen und so Verspannungen der Muskeln und Gliedmaßen vorbeugen beziehungsweise sie lösen.

Den eigenen Körper wahrnehmen

Haben Sie schon einmal bewusst beobachtet, wie Sie atmen und wie sich Ihre Muskulatur anfühlt, wenn Sie glücklich, traurig, besorgt oder gestresst sind? Erkennen Sie den Zusammenhang zwischen Emotionen, Atmung, Körperspannung und Gedanken? Pferde nehmen Emotionen des Reiters wahr und bemerken jede Verspannung in dessen Körper. Womöglich fühlen Sie sich in manchen Momenten Ihren Gedanken wie ausgeliefert, doch in Wahrheit haben Sie es in großem Maße selbst in der Hand, wie Sie auf bestimmte Situationen reagieren, wie Sie denken und fühlen. Und hier kommt die Atmung ins Spiel: Wer lernt sie zu kontrollieren, der kann im Moment bleiben, den Stress des Alltags hinter sich lassen und sich somit auch besser auf das Pferd konzentrieren. Eine bewusste Atmung hilft, den eigenen Körper wahrzunehmen. „Sobald wir mehr mit uns selbst im Einklang sind, kann das Pferd die kleinsten Veränderungen spiegeln“, schreibt Jenny Rolfe in ihrem Buch „Einheit durch Atmung“ und erklärt: „Wenn wir zum Beispiel unsere Spannung mit einem tiefen Seufzer rauslassen, wird das Pferd seinen Stress auch herauslassen und natürlicher atmen können. Wenn wir während des Reitens unsere Gesichtsmuskeln, unseren Mund und unseren Kiefer entspannen, spürt das Pferd diese Entspannung und spiegelt sie.“ Ein lockerer Kiefer ist wichtig, damit der Atem frei durch den Körper fließen kann.

Die Atmung verstehen

Bevor es darum geht, die Atmung zu verändern, ist es wichtig, sie zu verstehen. Unterschieden wird zwischen Brust- und Bauchatmung. Bei der Brustatmung werden die Zwischenrippenmuskeln beim Einatmen angespannt. Die Rippen und damit auch der Brustraum heben sich, während sich der Brustraum vergrößert. Die elastischen Lungenflügel folgen dieser Ausweitung und dehnen sich aus, da die Lunge an der Brustkorbwand anliegt. Nun saugen die erweiterten Lungenflügel Außenluft an, die über Luftröhre und Bronchien einströmt. Bei der Bauchatmung wird hingegen das Zwerchfell angespannt. Dieses liegt unterhalb der Lunge zwischen der Brust- und Bauchhöhle und hat die Form einer Doppelkuppel. Die Kuppel flacht durch die Anspannung ab, und der Brustraum wird in Längsrichtung, also nach unten, vergrößert. Entsprechend dehnen sich die am Brustkorb anhaftenden Lungenflügel ebenfalls nach unten aus. Sie saugen Außenluft an, die in die Lunge einströmt. Während der Einatmung wird bei der Bauchatmung der Platz unterhalb des Zwerchfells geringer. Dadurch müssen die Baucheingeweide nach unten verlagert werden und drängen die Bauchwand vor, was von außen sicht- und spürbar ist.

Ausatmung und größere Belastungen

Im Gegensatz zur Einatmung findet beim Ausatmen keine aktive Muskelanspannung statt. Der Brustraum verkleinert sich, da sich das Zwerchfell entspannt und wieder als Doppelkuppel nach oben ausdehnt. Während die Lungenflügel wieder zurückgedrängt werden, strömt die Atemluft aus der Lunge heraus. Sowohl Brustkorb als auch Bauchmuskeln gehen aufgrund ihrer Eigenspannung beziehungsweise der Eigenelastizität beim Ausatmen passiv wieder in ihre Ausgangsstellung zurück. So viel zur Atmung unter normalen Bedingungen. Hingegen werden bei verstärkter Einatmung das Zwerchfell und die äußeren Zwischenrippenmuskeln kräftig angespannt, um den Brustkorb weiter zu heben. Außerdem gibt es Situationen, in denen die sogenannten Atemhilfsmuskeln zum Einsatz kommen. Das ist beispielsweise bei besonders hoher körperlicher Belastung, bei Bronchialasthma oder anderen Lungenerkrankungen der Fall. Auch eine verstärkte Ausatmung ist möglich. Diese wird vor allem von Bauch- und inneren Zwischenrippenmuskeln bewirkt. Dadurch dass die Bauchmuskeln den Brustkorb nach unten ziehen, verkleinert sich sowohl der Brustraum als auch der Raum unterhalb des Zwerchfells. Jedoch lassen sich die Baucheingeweide nicht weiter verdrängen und pressen deshalb das Zwerchfell nach oben. Der Lungenraum wird infolgedessen erheblich verkleinert. Zusätzlich kann die Bauchwand durch quer verlaufende Bauchmuskeln ein- und das Zwerchfell noch weiter hinaufgezogen werden.

…den ganzen Artikel – inklusive verschiedener Atemübungen – finden Sie in der Mein Pferd-Ausgabe 06/2019.