Text: Alexandra Koch         Foto: imago images/ robertharding

Irland hat einen Ruf als Reiternation, den die jüngsten Erfolge nicht nur im Spring-, sondern auch im Vielseitigkeits- und Dressursattel bestätigen. Aber es braucht keinen Darragh Kenny, keinen Cathal Daniels und keine Judy Reynolds, um Irland als Pferdenation zu erkennen

Auch begegnet man hier nicht nur edlen Vollblütern im Nationalgesüt in Kildare (Pferdesport International, 52019), sondern der Reiterei schlicht auf Schritt und Tritt. Wir haben uns in den „Wilden Westen“ der Grünen Insel begeben und uns zwischen Connemara und Killarney umgesehen. Dabei gibt es allerlei Erstaunliches, Mystisches und Abenteuerliches zu entdecken.

Mythos Connemara-Pony

Es heißt, dass in der Gestalt von Connemara-Ponys geliebte verstorbene Menschen zurückkehren und auf die Lebenden achten können. Das erzählte man sich in der Region im Nordwesten von Irland. Eine etwas abgewandelte mystische Geschichte wurde auch in dem Film „Die Legende der weißen Pferde“ („The Legend of Longwood“) aus dem Jahr 2014 verarbeitet. Connemara-Ponys stehen auch dort im Mittelpunkt. Doch was macht sie so speziell?

Und dann wäre da die Geschichte vom Connemara-Hengst Cannon Ball, der 1904 geboren wurde. Er war der erste Hengst, der 1926 ins neu geschaffene Stutbuch aufgenommen wurde. Aber die Erzählungen über den Hengst gehen viel weiter. Man berichtet über die Tatsache, dass er 16 Jahre nacheinander das Bauernrennen von Oughterard gewann. In der Nacht vor dem Rennen verdrückte er einen halben Sack Hafer, was laut der Bewohner des Städtchens für die robuste Gesundheit des Hengstes gesprochen habe. Neben seiner Rennkarriere war Cannon Ball Kutschpferd, das mit seinem Besitzer häufig in die Stadt fuhr. Zum Markt und in den Pub ging es. Nachts trabte der Hengst nach Hause, mit dem Besitzer im Vollrausch auf dem Wagen. Cannon Ball wusste genau, wohin es gehen sollte. Als Cannon Ball schließlich starb, hielt man für ihn eine traditionelle irische Totenwache und begrub ihn unter seiner Weide.

Irlands Mythen und so lebendig wiedergegebene Geschichten anzuhören fällt vor Ort in der Region Connemara nicht schwer. Hier erscheinen die Ponys plötzlich direkt an der Küstenlinie. An der einen Seite die stürmische See, darüber ein oft strahlend blauer Himmel und auf der anderen Seite weiße Punkte in der Landschaft, die sich schnell auf die Besucher zubewegen und als Ponys erkennbar werden.

Eine besondere Rasse

Keine Pferderasse ist mit Irland wohl so verbunden wie das Connemara-Pony. Das liegt wohl daran, dass es zu den neun ursprünglichen britischen Ponyrassen gehört. Es gab die Ponys bereits lange vor der Zeitenwende. Erste Spuren führen ins 6. Jahrhundert vor Christus. Damals waren die Ponys jedoch noch kleiner. Erst durch die Kelten kamen unterschiedliche Einkreuzungen zustande. Während des Mittelalters gelangte viel iberisches und orientalisches Blut auf die Grüne Insel, welches die Ponys größer und edler werden ließ.

Im 16. Jahrhundert wurde der spanische Blutanteil bei den Ponys bewusst erhöht. Dies gelang durch den Import iberischer Rassen. Auch arabische Vollblüter wurden immer wieder zum Veredeln der Rasse genutzt. Die Krisen des 19. Jahrhunderts ließen die Connemara-Zucht nahezu zum Erliegen kommen. Die Qualität der Pferde ging durch die Verarmung der ländlichen Gebiete im 19. Jahrhundert zurück. Damals kam es in Irland zu enormen Missernten bei Kartoffeln, welche bedingten, dass viele Iren nach Amerika auswanderten. Um das Problem der zurückgehenden Qualität der Ponys zu lösen, wurden ab der Wende zum 20. Jahrhundert Welsh-Cob-Hengste ins Land gebracht und bewusst mit Connemaras gekreuzt. Heraus kam die Form der Rasse, die wir heute kennen: das moderne Connemara-Pony, dessen Zucht durch eine von Großbritannien eingesetzte Kommission überwacht wurde. Im Laufe der Zeit wurden auch Vollblüter und Hackneys eingekreuzt.

Das Ziel war simpel: Man wünschte sich ein robustes, aber sportlich geprägtes Pony. Ein Pony, das zäh genug war, im rauen Meeresklima und in den Moorlandschaften Connemaras gleichermaßen zu überleben. 1923 wurde der Zuchtverband für Connemara-Ponys in Clifden eingerichtet, 1926 das Stutbuch.

Mehr Informationen zu den irischen Ponys finden Sie in der aktuellen Mein Pferd- Ausgabe.