Die Bewohner des Mühlviertels haben in den letzten 25 Jahren das größte Wanderreitgebiet von ganz Österreich erschlossen. Nun gibt es dort auch einen Pilgerreitweg.
Österreichs erste Pilgerroute zu Pferd, der Johannesritt, wurde im Mühlviertel unter Blasmusik aus der Taufe gehoben. Unsere Truppe vom Wanderreithof Heimelsteiner im südlichen Teil der Mühlviertler Alm wurde von den Offiziellen mit allen guten Wünschen auf den Jungfernritt geschickt. Ein Ritt von Kirche zu Kirche? Nein. Kapellen liegen zwar auch am Wegesrand, doch eine spirituelle Reise ist der Johannesritt nicht. Namensgeber ist Dr. Johannes Neuhofer. Sein Erfolg brachte die Mühlviertler auf die Idee, die zwölf Stationen des 84 Kilometer langen Johanneswegs für Wanderer mit einem markierten, 110 Kilometer langen Reitweg zu verbinden. Das hat immense Vorteile, denn anspruchslos ist das Gelände nicht.
Da ist der Reiter doch froh, dass sein Pferd ihm die strapaziösen Auf- und Abstiege abnimmt. Und das anscheinend mühelos und mit wachsender Freude. Wanderer und Reiter begegnen sich nur an den Stationen. Und während der Reiter per pedes die letzten Meter zur nächsten Weisheit läuft, knabbert sein Pferd zufrieden an den Gräsern des Waldbodens.
Birgit aus Steyr war den Pilgerweg schon zu Fuß gegangen. Jetzt saß sie im Sattel ihrer Noriker-Stute. Das stämmige Tier war kaum zu bändigen. Mit Feuereifer schritt es vor allen anderen voran. Als wir am dritten Tag auf einer Wiese Rast machten, ließ sich die Braune plötzlich in voller Montur fallen, streckte die Hinterbeine von sich und begann im Liegen zu fressen. Hochgescheucht hielt sie dann doch bis zum Schluss durch, allerdings nicht mehr an der Spitze.
Mühlviertler Alm: Wunderschönes Ausreitgelände
„Humor soll dein Leben begleiten, denn er beflügelt deinen Geist und erfreut die Gesellschaft“ ist die erste Botschaft, mit der Neuhofer den Reiter an der Engelskapelle bei Priebach auf den Weg schickt. Dazu schmeckt der Schluck aus dem nahen Johannesbrunnen auf dem Hof der Familie Irxenmayer mit seiner Quelle des Lebens. Ob Herrgottsitz oder Gipfelkreuz, Galgen oder Kapelle, Kreuzweg oder Heilquelle, die Stationen sind so unterschiedlich wie die Lehren, die sie verkünden. Dass auch ein trainierter Körper zum Wohlbefinden gehört, braucht man einem Pilger nicht extra zu sagen.
Die spezielle Gneis- und Granitlandschaft mit ihrer intakten Natur tut ihr Übriges. Nebeneffekt des felsigen Untergrunds sind wunderbar ebene, trockene Wege, auf denen Pfützen und Matsch keine Chance haben. Begleitet werden sie von Bäumen und Büschen, die wie im Märchen aus dem Fels wachsen, malerischen Waldbächen, die sich in sanften Schluchten ihr Bett im Gestein suchen, und allen Arten von Wildblumen. Schmetterlinge und Bienen können sich hier zwischen der Blütenfülle im Wald, auf den Wiesen und in den Gärten entscheiden. Ein Luxusproblem, das sie nicht oft haben.
Text & Foto: Helga Schnehagen