Text: Verena Szebeni   Foto: PFERD & REITER

Mein Basotho-Pony Brains trägt mich mit unermüdlichem Eifer hoch hinauf in die Berge. Nur ein einziges Mal steigen wir heute ab, haken den Zügel im Steigbügel ein und geben dem Pferd einen Klaps auf den Hintern. Leichtfüßig klettern sie über ein paar glatte Felsen, ehe wir hinterherkrabbeln. Jede Hochebene wird für einen flotten Galopp genutzt. Reihenfolge egal, überholen erlaubt. Da jauchzt das Reiterherz.

„Guys, this ist the boarder“, ruft Ti und legt eine Vollbremsung ein. Hä? Ein Container und ein paar Pfosten, nicht mal ein Zaun? Jetzt sind wir also in Lesotho, dem „Königreich im Himmel“. Es macht seinem Namen alle Ehre, als wir weiter hinaufsteigen, direkt hinein in tiefhängende, mystische Wolken. Am Nachmittag erreichen wir das Dorf Tamatu. Sämtliche Kinder eskortieren uns, ihre strahlenden Augen sprechen Bände, wir sind die Attraktion des Tages, der Woche oder gar für Monate. Unsere Unterkunft besteht aus vier Rondavels, einem Gemeinschaftszelt, der Küche und einem Klohäuschen. Es gibt kein fließend Wasser, keinen Strom, kein W-Lan und keinen Handyempfang. Ist das nicht irgendwie auch Luxus? Man lernt die kleinen Dinge zu schätzen. Im Schein des Kaminfeuers erzählt Steve Geschichten aus der Wildnis. Alles was er sagt, klingt salbungsvoll und bedeutend und wir hängen an seinen Lippen. Unsere Augen funkeln im Licht des Kaminfeuers, sie funkeln, weil in uns allen das Feuer des Abenteuers schwelt. Ich brenne für das hier, für Abenteuer in fernen Ländern, fremde Kulturen, atemberaubende Landschaften, Einsamkeit. Und für welches Abenteuer brennst du? Man muss nicht weit gehen, vielleicht lauert es gleich vor der Tür. Und vielleicht ist es nur ganz klein.

So bringt jeder Tag sein eigenes Highlight. Selbst wenn es einmal die Campingdusche ist, aus der lauwarmes Wasser tröpfelt. Ich fühle mich superfrisch. Der Preis dafür, dass alle geduscht haben, ist hart, wir haben kein Wasser mehr für die Klospülung. Haben wir gestern noch das ungemütliche Gewitter am Nachmittag verflucht, sehnen wir es jetzt herbei. Die Natur lässt uns nicht im Stich und es ist faszinierend zu beobachten, wie die Tierwelt das herannahende Unwetter voraussagt. Als die ersten Tropfen fallen, verziehen wir uns ins Gemeinschaftszelt, und Ti erzählt einen Schwank aus ihrem Leben. Unfassbar, was diese junge Frau, die ursprünglich aus der Karibik stammt, aber in Europa aufgewachsen ist, schon alles erlebt und vor allem auf die Beine gestellt hat.

Unser Ritt führt uns weiter in den Sehlabatebe-Nationalpark. In einer Ebene haben wir einen sagenhaften Galopp: Brains macht sich ganz lang, seine Sprünge sind jetzt so geschmeidig, dass ich kaum eine Bewegung spüre. Meine Beine schmiegen sich an seine Rippen, die Mähne flattert um meine Hände, der Wind peitscht mir ins Gesicht und treibt mir Tränen in die Augen. Wir reiten mit dem Wind um die Wette, die Gedanken frei von Sorgen und Zweifeln. Einfach nur großartig!

An unserem letzten Reittag geht es noch mal hinauf in schwindelerregende Höhen. Wir gehen direkt auf der Wasserscheide entlang, rechts und links erstreckt sich endlose, prachtvolle Berglandschaft. Der Wind streicht mir um die Nase, und ich atme den Duft von wilden Kräutern ein. Die Berge geben mir die Fähigkeit zu sein, was immer ich möchte. Ich bin die Königin der Welt. Oder ich bin unbedeutend und klein. Wenn das nicht die maximale Freiheit ist, ja, was ist es dann?“

Ihre Verena Szebeni (: hoofbeatsaroundtheworld)

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