Text & Foto: Kirsten Hofmann

Kirsten Hofmann erzählt, wie sie sich ihren Traum von einem eigenen Pferd erfüllte und wie zwei Ponys alleine durch die Hauptstadt Paraguays stromerten.

Wir ritten über das Gelände der Farm, um die Rinder in den Corral zu treiben. Dabei stießen wir auf ein Rind, das sich in einer Astgabel verfangen hat. Der ­Gaucho Silvino saß auf einem Fuchspony, das kei-nerlei Angst vor diesem großen Tier, das auf mich einen recht aggressiven Eindruck machte, zu haben schien. Ich hielt respektvollen Abstand und beobachtete, wie Reiter und Pferd das Problem geschickt lösten – das Rind war schnell befreit. Eine Woche lang hatte ich mich auf der ­Estancia – wie Farmen in Paraguay genannt werden – ­einquartiert. Seit eineinhalb Jahren lebte ich bereits in Paraguay und erfüllte mir damit meinen langjährigen Traum von einem Leben in Südamerika. Noch länger hatte ich jedoch bereits den Wunsch, ein Pferd mein Eigen nennen zu können. Und genau aus diesem Grund war ich auf die ­Estancia gekommen, da hier mehrere Pferde zum Verkauf standen. Bolero, das mutige Fuchs-pony, war keine Schönheit, aber sehr charmant, und wir fanden schnell einen Draht zueinander. Das Rindertreiben, das ich in der restlichen Woche auf ihm absolvierte, klappte, als würden wir uns schon lange kennen. Ich hatte mein Pferd gefunden. Kurz nachdem der Kaufvertrag unterschrieben war, zog Bolero in einen Reit-stall nach Asunción. Das Pferd meiner Freundin Kathleen, der Schimmelwallach namens Tango, und Bolero standen in dem Reitstall Box an Box.

Etwa vier Wochen später waren unsere ­Ponys plötzlich von der Koppel verschwunden – ­jemand hatte das Gatter offen gelassen. Wir hängten überall in der Umgebung „Vermisst“-Zettel auf, lobten einen hohen Finderlohn aus und informierten die Polizeistationen: Zwei Ponys laufen irgendwo alleine durch Asunción! Voller Sorge fuhren wir außerdem die Schlachthöfe ab – wir befürchteten das Schlimmste. Nach drei langen Tagen tauchten die Ponys endlich unversehrt wieder auf. Was für eine Erleichterung! Nur kurze Zeit nach diesem Abenteuer verlor Bolero bei einem Weideunfall sein rechtes Auge. Ich weinte zwei Tage lang und fühlte mich vom Pech verfolgt.

Mittlerweile stehen Bolero und ­Tango auf dem Gestüt „Haras Castanholas“. Hier werden sowohl Lusitanos als auch ­Warlander –Kreuzungen zwischen Friesen und Lusitanos – gezüchtet. Regine, die ­Verwalterin des Gestüts, ist zugleich Tier­ärztin und hat ­Bolero nach seinem Unfall behandelt. Ramona, die Bereiterin auf dem Gestüt, gibt Kathleen und mir Reitunterricht – teilweise auch auf einem der hochklassig ausgebildeten Lusitanohengste. Wenn wir in der Halle – übrigens der ersten privaten Reithalle in Paraguay – reiten, schaut uns manchmal der wunderschöne Friesenhengst Hendrik von seinem Paddock zu. Neben all diesen Traumpferden tummeln sich auf dem Gestüt auch Regines Patienten, die hier gesundgepflegt werden. Ebenso finden sich hier viele Berittpferde, die von Ramona eingeritten, eingefahren oder als Therapiepferd ausgebildet werden. Eine ziemlich bunte Mischung! Und mitten drin sind unsere ­beiden Zottelponys Bolero und Tango, die hier endlich eine neue Heimat gefunden haben, in der sie sich wohlfühlen.

Ihre Kirsten Hofmann

www.haras-castanholas.com

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