Text: Merle Borckmann    Foto: Merle Brockmann

Während einer Prüfungsphase des Studiums entschied sich Merle Brockmann, die Semesterferien für die Rinderarbeit in Australien zu nutzen.

Während einer lernintensiven Prüfungsphase des Studiums entstand vor einigen Jahren die Idee, die Semesterferien wie schon die Zeit vor meinem Studium für Pferdetraining im Ausland zu nutzen. Ich entschied mich für die mir – bis dato – noch unbekannte gerittene Rinderarbeit in Australien. Um zudem einen damals in Brisbane studierenden Freund zu besuchen, flog ich in den nordöstlich gelegenen Bundesstaat Queensland und arbeitete auf zwei Höfen mit Rinder- und Pferdezucht (Australian Stock Horses, Australian und American Quarter Horses). Dort, von der Küstenstadt Brisbane 500 km westlich ins Landesinnere, war die Besiedelung im Gegensatz zu den modernen Metropolen mit 90 Einwohnern pro Quadratkilometer recht spärlich und primär landwirtschaftlich geprägt. Mein Alltag bestand fortan aus morgendlicher Fütterung der Pferde und stundenlangem Rindertreiben oder gelegentlicher Reparatur von Zäunen. Die Rinderweiden waren so karg und trocken, dass die Nahrung nur dank riesiger Flächen ausreichend war. Für Tierarzttermine, Weiterverkauf, Separieren nach Alter und Rasse, trieben wir verschiedene Rinderherden von weit entfernten Weideflächen zu den zentralen Rindergehegen. Tatsächlich war es meist bereits eine Herausforderung, die Rinderherden auf den weitläufigen Weideflächen zu finden, und ich lernte zunehmend, mich anhand der Sonne zu orientieren. Während des Rindertreibens versuchten wir, die Rinderherde beisammenzuhalten; manchmal unterstützt von Hütehunden oder Quad-Fahrern. Das Zusammenhalten war besonders anspruchsvoll, wenn die Herde aus unterschiedlichen Rassen bestand oder Kälber dabei waren. In den Rindergehegen angekommen, begann die Musterung der Rinder. Hierbei beeindruckte mich, dass das Pferd tatsächlich spürte, welches bestimmte Rind aus der Vielzahl ich separieren wollte. Zudem waren die trainierten Pferde dank schnellster Vorhandwendungen und Geschwindigkeitswechseln sehr intuitiv im Dirigieren der Rinder. Es folgten tierärztliche Untersuchungen, Enthornungen, das Brennen von Brandzeichen – ich half ebenso bei einer Hengstkastration mit wenig Mitteln. Immer wieder wurde deutlich, dass der Umgang mit den Tieren nicht weniger zugewandt, aber deutlich rationaler, wegen der Funktion als Nutztier, gehandhabt wurde. An den Wochenenden unternahmen wir Ausflüge zu Rinderauktionen oder Wettkämpfen.

Insgesamt bereicherte mich der Ausflug in die australische Rinderarbeit vom Pferd aus sehr. Die Weite war beeindruckend, ich entwickelte ein tieferes Verständnis für die räumliche Wirkung auf Fluchttiere, geschicktere Handhabung von Gattern vom Pferderücken aus und genoss das gemeinsame Arbeiten mit einem Pferd als alltäglichem Arbeitskollegen.

Ihre Merle Brockmann

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